Sicherstellung und Beschlagnahme

25. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Drogendealer D wird von Polizist P (Ermittlungsperson der StA) nachts dabei beobachtet, wie er telefoniert und fünf Minuten später dem Kunden K ein Tütchen Koks unauffällig mit einem Handschlag übergibt. Darauf angesprochen gibt K dem P sofort von sich aus das Koks. Er weigert sich aber, sein Handy abzugeben. Nach einer entsprechenden Anordnung des P nimmt dieser dem K das Handy weg. Ein Richter ist nicht erreichbar.

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Einordnung des Falls

Sicherstellung und Beschlagnahme

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Es handelt sich um eine Sicherstellung (§ 94 Abs. 1 StPO).

Ja!

Sicherstellung ist der Oberbegriff für die Beschlagnahme und die sonstige Herstellung staatlicher Gewalt über den als Beweismittel in Betracht kommenden Gegenstand. Sie umfasst die formlose Sicherstellung (§ 94 Abs. 1 StPO) und die förmliche Beschlagnahme (§ 94 Abs. 2 StPO).
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2. Das Koks und das Handy werden jeweils formlos sichergestellt (§ 94 Abs. 1 StPO).

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Abgrenzung zwischen formloser Sicherstellung und Beschlagnahme erfolgt nach dem zu sichernden Gegenstand. Eine formlose Sicherstellung erfolgt, wenn der Gegenstand gewahrsamslos ist oder sich im Gewahrsam einer Person befindet, die ihn freiwillig herausgibt (§ 94 Abs. 1 StPO). Eine förmliche Beschlagnahme ist erforderlich, wenn sich der Gegenstand im Gewahrsam einer Person befindet, die ihn nicht freiwillig herausgibt (§ 94 Abs. 2 StPO). Bei einer formlosen Sicherstellung wird der Gegenstand in Verwahrung genommen, ohne dass es hierzu besonderer Anordnungen bedarf. Für eine förmliche Beschlagnahme ist eine Anordnung erforderlich (§ 98 Abs. 1 S. 1 StPO). Das Koks wird freiwillig herausgegeben (Sicherstellung), das Handy nicht, sodass das Handy beschlagnahmt wird.

3. P durfte die Beschlagnahme selbst anordnen (§ 98 Abs. 1 StPO).

Ja, in der Tat!

Die Beschlagnahme muss grundsätzlich gerichtlich angeordnet werden (§ 98 Abs. 1 S. 1 StPO). Bei Gefahr im Verzug sind ausnahmsweise auch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen anordnungsbefugt (§ 98 Abs. 1 S. 1 StPO), außer bei Beschlagnahmen in Redaktionsräumen (§ 98 Abs. 1 S. 2 StPO). Deren Anordnungen sollen dann aber innerhalb von drei Tagen richterlich bestätigt werden (§ 98 Abs. 2 S. 1 StPO). Gefahr im Verzug liegt vor, wenn die richterliche Anordnung nicht mehr eingeholt werden kann, ohne dass der Zweck der Maßnahme – hier: die Sicherstellung von Beweismitteln – gefährdet wird. Ein Richter war nicht erreichbar, bei einer späteren Beschlagnahme drohte ein Beweismittelverlust hinsichtlich der Informationen auf dem Handy. Gefahr im Verzug lag vor.

4. Das Handy ist ein tauglicher Beschlagnahmegegenstand (§§ 96, 97 StPO).

Ja!

Der Gegenstand, der beschlagnahmt werden soll, muss (1) potenziell beweisgeeignet sein und (2) darf nicht beschlagnahmefrei sein (§§ 96, 97 StPO). Die Informationen auf dem Handy können Beweise zur Aufklärung von Betäubungsmitteldelikten liefern und das Handy ist nicht beschlagnahmefrei.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Milian

Milian

6.9.2021, 12:19:13

Aus dem Gesetz ergibt sich nicht, dass die Sicherstellung iwS. auch ein Oberbegriff für die Beschlagnahme sein soll. Die Überschrift ("Sicherstellung und Beschlagnahme") deutet eher auf das Gegenteil hin. Woraus soll sich das hier ergeben?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

8.12.2021, 11:51:27

Hallo Milian, aus § 94 StPO ergibt sich das in der Tat nicht direkt. Dass es sich bei der Sicherstellung um den Oberbegriff handelt, erkennst Du aber unter anderem an § 111b Abs. 1 StPO (Sicherstellung von Gegenständen), wo es heißt, Gegenstände können durch Beschlagnahme nach § 111c StPO sichergestellt werden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

FABY

Faby

25.5.2023, 19:45:31

Hallo Lukas, ich kann deine Antwort auf die Frage von Milian leider nicht nachvollziehen. Kannst du das nochmal in anderen Worten erklären, wie sich aus § 111b I StPO und § 111c StPO ergibt, dass Sicherstellung auch als Oberbegriff zu verstehen ist? :) @[Lukas Mengestu](136780)


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