Strafrecht

Strafprozessrecht

Das (weitere) Erkenntnisverfahren

Beschlagnahmefreiheit von Verteidigungsunterlagen beim Beschuldigten

Beschlagnahmefreiheit von Verteidigungsunterlagen beim Beschuldigten

13. Juni 2025

10 Kommentare

4,8(6.135 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Beschuldigte B ist des Mordes an ihrem Ehemann dringend verdächtig und sitzt in Untersuchungshaft. Ihr Ehemann E wurde tot am Fuße der Treppe des gemeinsamen Haus gefunden. B macht sich in ihrer Zelle Notizen zu ihrer Verteidigungsstrategie: Sie meint, E sei von einer Eule getötet worden. Die Unterlagen werden unter Protest der B aufgrund richterlicher Anordnung beschlagnahmt.

Diesen Fall lösen 76,7 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Beschlagnahmefreiheit von Verteidigungsunterlagen beim Beschuldigten

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ein Richter musste die Beschlagnahme anordnen (§ 94 Abs. 2 StPO).

Genau, so ist das!

Eine förmliche Beschlagnahme ist erforderlich, wenn sich der Gegenstand im Gewahrsam einer Person befindet, die ihn nicht freiwillig herausgibt (§ 94 Abs. 2 StPO). Dafür ist eineAnordnung erforderlich (§ 98 Abs. 1 S. 1 StPO). Die Beschlagnahme muss grundsätzlich gerichtlich angeordnet werden (§ 98 Abs. 1 S. 1 StPO). Bei Gefahr im Verzug sind ausnahmsweise auch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen anordnungsbefugt (§ 98 Abs. 1 S. 1 StPO), außer bei Beschlagnahmen in Redaktionsräumen (§ 98 Abs. 1 S. 2 StPO). Deren Anordnungen sollen dann aber innerhalb von drei Tagen richterlich bestätigt werden (§ 98 Abs. 2 S. 1 StPO). Da es sich um eine Beschlagnahme handelt und keine Gefahr im Verzug vorlag, war eine richterliche Anordnung erforderlich (§ 98 Abs. 1 S. 1 StPO).
Strafrecht-Wissen in 5min testen
Teste mit Jurafuchs kostenlos dein Strafrecht-Wissen in nur 5 Minuten.

2. Die Notizen der B durften beschlagnahmt werden (§§ 96, 97 StPO).

Nein, das trifft nicht zu!

Der beschlagnahmte Gegenstand darf nicht beschlagnahmefrei sein (§§ 96, 97 StPO). Dem Wortlaut nach sind Verteidigungsunterlagen nur beschlagnahmefrei, wenn sie sich im Gewahrsam des Verteidigers befinden (§ 97 Abs. 2 S. 1 StPO). § 97 StPO ist jedoch analog anzuwenden auf (1) im Gewahrsam des Beschuldigten befindliche Mitteilungen des Verteidigers und (2) solche Unterlagen, die sich der Beschuldigte ersichtlich zur Vorbereitung seiner Verteidigung anfertigt. Ansonsten wäre sein Recht auf eine effektive Verteidigung beeinträchtigt. Die Notizen der B wurden zur Vorbereitung der Verteidigung angefertigt und sind daher beschlagnahmefrei (§ 97 Abs. 1 StPO analog).
Dein digitaler Tutor für Jura
Strafrecht-Wissen testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

WY

Wysiati

2.1.2025, 16:04:39

ist nach meiner Textausgabe die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigte Person. Das ist aufgrund des nemo tenetur Grundsatzes doch insbesondere der Angeklagte selbst. Wieso wird denn hier auf den Verteidiger abgestellt?

NME

nmew

21.2.2025, 15:15:22

In § 97 II 1 steht doch gar nichts vom Verteidiger, ich verstehe leider die Lösung dieser Aufgabe gar nicht... Kann hier jemand helfen?

VO

Vojtech

26.2.2025, 21:22:31

§ 97 II 1 StPO verweist auf die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personen. Dem Verteidiger steht nach § 53 Abs. 1 Nr. 2 StPO ein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Auf diese Vorschrift wird auch in § 97 Abs. 1 Nr. 1-3 StPO verwiesen.

frausummer

frausummer

17.4.2025, 09:22:03

Mir fehlt hier auch noch der Hinweis auf §

148 StPO

Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Strafrecht-Wissen testen