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Klassisches Klausurproblem

Staatsanwältin S führt ein Ermittlungsverfahren gegen den A, der eine Bank ausgeraubt haben soll. Aufgrund der Aufzeichnung der Überwachungskamera hält sie zweifelsfrei A für den Täter und will ihn ohne Vernehmung sofort anklagen. In Wahrheit hat A's Zwillingsbruder B die Bank ausgeraubt.

Einordnung des Falls

Erste Vernehmung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A ist Beschuldigter.

Ja, in der Tat!

Für die Beschuldigteneigenschaft sind erforderlich 1) ein Tatverdacht und (2) ein Verfolgungswille . (1) Tatverdacht bedeutet, dass als Beschuldigter nur derjenige in Betracht kommt, gegen den zumindest ein Anfangsverdacht besteht. (2) Verfolgungswille meint, dass zum Tatverdacht noch ein Willensakt der Strafverfolgungsbehörde hinzutreten muss, das Verfahren gegen den Verdächtigen als Beschuldigten zu führen (Inkulpationsakt). Dieser Willensakt liegt schon dann vor, wenn eine Maßnahme getroffen wird, die erkennbar der Strafverfolgung einer bestimmten Person dient. Aus Sicht der S besteht ein Anfangsverdacht gegen A und gegen diesen wird förmlich das Ermittlungsverfahren geführt (Inkulpationsakt), sodass A Beschuldigter ist.

2. S muss A vor der Anklageerhebung vernehmen.

Ja!

Der Beschuldigte hat ein Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 163a StPO). Er muss spätestens vor Abschluss der Ermittlungen vernommen werden, es sei denn, das Verfahren führt zur Einstellung (§ 163a Abs. 1 StPO). In einfachen Fällen genügt es, wenn ihm Gelegenheit zur schriftlichen Äußerung gegeben wird (§ 163a Abs. 1 S. 3 StPO). Diese Verpflichtung dient sowohl der Information des Beschuldigten über das gegen ihn eingeleitete Verfahren als auch der Sachverhaltsaufklärung. Der Ablauf der Vernehmung ist insbesondere in den §§ 136, 136a StPO geregelt, die auch für Staatsanwaltschaft und Polizei gelten (§§ 163a Abs. 3, 4 StPO).

3. Wenn S den A zur Vernehmung lädt, muss A erscheinen.

Genau, so ist das!

Der Beschuldigte muss zwar nicht aktiv zur Sachaufklärung beitragen, ihn treffen jedoch Duldungs- und Mitwirkungspflichten. Unter anderem muss der Beschuldigte zu den Vernehmungen vor Ermittlungsrichter und dem Staatsanwalt (§§ 133, 163a Abs. 3 S. 1 StPO) und später auch zur Hauptverhandlung erscheinen (§§ 230 StPO). Dies gilt selbst dann, wenn er zuvor erklärt hat, nicht zur Sache aussagen zu wollen. Einer Ladung der Polizei braucht er dagegen nicht nachzukommen (Umkehrschluss aus § 163a Abs. 3 gegenüber Abs. 4 StPO). Es handelt sich um eine Vernehmung der Staatsanwaltschaft, weshalb A erscheinen muss.

4. S müsste bei der Vernehmung den A belehren.

Ja, in der Tat!

Dem Beschuldigten stehen besondere Rechte zu. Insbesondere verfügt er über ein Aufklärungsrecht. Der Beschuldigte hat das Recht, dass ihm zu Beginn der ersten Vernehmung eröffnet wird, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und (außer bei polizeilichen Vernehmungen, § 163a Abs. 4 S. 1 StPO) welche Strafvorschriften in Betracht kommen (§ 136 Abs. 1 S. 1 StPO). Zudem muss er über sein Schweigerecht aufgeklärt und darauf hingewiesen werden, dass er jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen Verteidiger beauftragen kann (§ 136 Abs. 1 S. 2 StPO). § 136 StPO gilt dabei über § 163a Abs. 3 und 4 StPO auch für die Staatsanwaltschaft und Polizei. Da S den A in amtlicher Eigenschaft vernehmen will, muss sie ihn über seine Rechte belehren. Ansonsten verstößt sie gegen § 136 StPO.

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