Strafrecht
BT 1: Totschlag, Mord, Körperverletzung u.a.
Aussetzung, § 221 StGB
Aussetzung nach § 221 StGB – Subjektiver Tatbestand
Aussetzung nach § 221 StGB – Subjektiver Tatbestand
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T bemerkt, dass sein zweijähriger Sohn O seit dem 14.12.2019 kränklich und appetitlos ist und fortwährend an Gewicht verliert. Am 19./20.12.2019 versucht O noch erfolglos, die ihm von T angebotene Trinkflasche zu halten. Am 21.12.2019 versucht er dies nicht mehr. Da T seinen weit entfernt wohnenden Freund besuchen möchte, aber keine Betreuung für O findet, lässt er O vom 22.-24.12 in der Wohnung allein. Dass sich Os geschwächter Zustand verschlimmern würde, ist T bewusst.
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Einordnung des Falls
Aussetzung nach § 221 StGB – Subjektiver Tatbestand
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Wer einen Menschen in einer hilflosen Lage im Stich lässt, obwohl er ihn in seiner Obhut hat oder ihm sonst beizustehen verpflichtet ist, und ihn dadurch der Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt, verwirklicht den objektiven Straftatbestand der Aussetzung (§ 221 Abs. 1 Nr. 2 StGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. T hatte gegenüber O eine Garantenstellung (§ 13 Abs. 1 StGB).
Ja!
3. O befand sich in einer "hilflosen Lage".
Genau, so ist das!
4. T hat O in der hilflosen Lage "im Stich gelassen".
Ja, in der Tat!
5. T hat O "durch" das Im-Stich-lassen in einer hilflosen Lage der "Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung ausgesetzt" (§ 221 Abs. 1 Nr. 2 StGB).
Ja!
6. Der Vorsatz des T muss die eine Garantenstellung begründenden Umstände, die Tathandlung sowie den konkreten Gefahrerfolg erfassen (§ 221 Abs. 1 Nr. 2 StGB).
Genau, so ist das!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Cosmonaut
21.1.2024, 18:00:19
Extrem tragischer Fall, aber exzellent ausgewählt von der Redaktion hins. § 221! Das Urteil ist ebenso lesenswert. Vlt. ist für die SV-Beschreibung noch von Interesse (und somit ergänzbar), dass die Mutter dem kränklichen Sohn noch Butterkekse und Milch in die Krippe legte. Das zwänge den Bearbeiter sich ein wenig mehr Gedanken um den Vorsatz zu machen.
Lukas_Mengestu
12.2.2024, 10:19:48
Hallo Cosmonaut, das freut uns sehr, dass Dir der Fall gefällt! Um den Fall an dieser Stelle nicht ausufern zu lassen, haben wir uns hier letztlich dagegen entschieden, noch weiter auf die Einzelheiten des Vorsatzes einzugehen. Für eine vollständige Vorsatzprüfung hätte es neben dem Hinweis auf die Butterkekse und Milch auch der Darlegung der weiteren Umstände bedurft. So hatte die Angeklagte im Originalfall u.a. auch erkannt, dass das Kind überhaupt nicht mehr in der Lage war, die Flasche zu halten. Letztlich genügten auch dem BGH die tatsächlichen Feststellungen des Gerichts bzgl. des Vorsatzes nicht, weswegen er das Urteil aufhob und zurückverwies. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team