Zivilrecht

Sachenrecht

Sicherungsrechte an beweglichen Sachen

Sicherungsübereignung vor Vermieterpfandrecht

Sicherungsübereignung vor Vermieterpfandrecht

19. Mai 2025

14 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Antiquitätenliebhaberin A kauft eine wertvolle Standuhr ein. Um diese erwerben zu können, nimmt sie bei Bank B ein Darlehen auf und übereignet die Uhr zur Sicherheit an B. Erst dann stellt A die Standuhr in das Wohnzimmer ihrer von V angemieteten Wohnung.

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Einordnung des Falls

Sicherungsübereignung vor Vermieterpfandrecht

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Vermieter V erwirbt grundsätzlich ein Vermieterpfandrecht an den eingebrachten Sachen des Mieters.

Ja, in der Tat!

Nach § 562 Abs. 1 S. 1 BGB hat der Vermieter für seine Forderungen aus dem Mietverhältnis ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Mieters. Für die Entstehung eines Vermieterpfandrechts ist erforderlich: (1) wirksamer Mietvertrag über Wohnräume, sonstige Räume oder Grundstücke (vgl. § 578 BGB), (2) Forderung aus dem Mietverhältnis, (3) pfändbare, bewegliche Sache des Mieters, (4) „Einbringen“ durch den Mieter.
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2. Ist die Standuhr eine eingebrachte Sache der A im Sinne des § 562 BGB?

Nein!

Damit eine Sache des Mieters vorliegt, muss der Mieter im Zeitpunkt der Einbringung der Sache in die Mietwohnung Eigentümer der Sache sein. A hat die Uhr vor Einbringen in die Wohnung an die B nach §§ 929 S.1, 930 BGB zur Sicherheit an die Bank übereignet. A ist keine Eigentümerin, sodass die Standuhr keine Sache der A ist.

3. Da A die Standuhr während der Mietzeit willentlich in die Mieträume hineingeschafft und damit eingebracht hat, hat V daran ein Vermieterpfandrecht nach § 562 BGB erworben.

Nein, das ist nicht der Fall!

Vorliegend besteht ein Mietvertrag über die Wohnräume. Auch hat V einen Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Miete und damit eine Forderung, die sich aus dem Wesen des Mietvertrags als entgeltlicher Gebrauchsüberlassung ergibt. Allerdings müsste es sich bei der Uhr auch um eine Sache der A handeln. A müsste daher im Zeitpunkt der Einbringung der Standuhr Eigentümerin derselben gewesen sein. Allerdings hat A die Uhr vor Einbringen in die Wohnung an die B nach §§ 929 S.1, 930 BGB zur Sicherheit übereignet. Mangels Eigentums der Mieterin A entsteht somit kein Vermieterpfandrecht.

4. V hat das Vermieterpfandrecht aber gutgläubig erworben.

Nein, das trifft nicht zu!

Ein gutgläubiger Erwerb des Vermieterpfandrechts ist nicht möglich. Die Verweisungsnorm des § 1257 BGB für die Anwendung der Vorschriften über vertraglich begründete Pfandrechte auf gesetzliche Pfandrechte setzt deren Entstehung voraus. Hier geht es aber gerade erst um die Entstehung des Pfandrechts. Aufgrund des fehlenden Rechtsscheins und fehlenden Gutglaubensträgers (Vermieterpfandrecht als besitzloses Pfandrecht) stellt sich die Frage der entsprechenden Anwendung von § 1207 BGB beim Vermieterpfandrecht - anders als beim Werkunternehmerpfandrecht – gar nicht erst.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

EVA

evanici

19.9.2023, 14:21:29

Die Konstruktion, dass die

Sicherungsübereignung

mit § 158 II kombiniert wird, sodass ja de facto ein

Anwartschaftsrecht

daran entsteht, ist aber nicht der Regelfall, oder? Sonst könnte man ja überlegen, ob der Vermieter zumindest daran ein

Pfandrecht

hat...

LELEE

Leo Lee

30.9.2023, 17:59:58

Hallo evanici, Wenn im SV nicht steht sollte man – wie du meinst – nicht automatisch von dieser Konstruktion ausgehen. Beachte allerdings, dass diese Konstruktion in Klausuren nicht selten vorkommt. Dies ist dann meistens angedeutet im Sachverhalt (dass die Parteien unter der „Bedingung“ der Rückzahlung das Eigentum zur Sicherung übereignen) :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

FFUC

Franzi Fuchs

11.2.2025, 15:29:54

Zum Verständnis - Dann wäre die

Sicherungsübereignung

unter der auflösenden Bedingung nach §158 II von der Wirkung her ähnlich wie der Eigentumsvorbehalt und einer

Übereignung

nach §§929 S.1, 158 I oder? Weil das Eigentum mit Bedingungseintritt automatisch an den Sicherungsgeber (zurück-) fällt? Vielen Dank schonmal !

Paulah

Paulah

24.7.2024, 11:52:05

Wenn die Aussage lautet "V könnte das

Vermieterpfandrecht

aber gutgläubig erworben haben" kann die Antwort meiner Meinung nach nur "ja" lauten. So ist der Aufbau bei den Obersatzfragen jedenfalls sonst immer. Antwort: Ja, könnte er, wenn er die Voraussetzungen erfüllt hat.

Paulah

Paulah

24.7.2024, 11:56:53

Oder ist das hier so, weil es gar keinen gutgläubigen Erwerb beim

Vermieterpfandrecht

gibt? Also niemals? Das ist mir nicht ganz klar.

TI

Timurso

24.7.2024, 12:12:34

Letzteres ist richtig, ja. Aus den in der Erklärung genannten Gründen gibt es nie einen gutgläubigen Erwerb des

Vermieterpfandrecht

s. Daher kann die Aussage bereits pauschal verneint werden.

Paulah

Paulah

24.7.2024, 14:14:58

Vielen Dank!

BEN

benjaminmeister

28.2.2025, 16:52:10

Ich finde die Frage mit dem "könnte" hier auch ungünstig: Häufig wird eine "könnte" Frage bei Jurafuchs mit Ja beantwortet auch wenn es am Ende in irgendeinerweise doch nicht bejaht werden kann. Es ist zwar nie ein

gutgläubiger Erwerb

eines

Vermieterpfandrecht

s möglich, aber vielleicht kann man die Frage auf "hat" abändern, damit man gar nicht erst überlegen muss, wie JF die Frage vielleicht gemeint haben könnte.

Paulah

Paulah

28.2.2025, 18:05:54

@[benjaminmeister](216712) Das ist eine super Idee!

Wendelin Neubert

Wendelin Neubert

21.4.2025, 12:43:33

Sehr guter Hinweis @[benjaminmeister](216712)! Wir haben die Aufgabe entsprechend Deinem Vorschlag angepasst. Herzliche Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team


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