Zivilrecht

Bereicherungsrecht

Die Nichtleistungskondiktion

Erlangtes Etwas in der (allgemeinen) Eingriffskondiktion

Erlangtes Etwas in der (allgemeinen) Eingriffskondiktion

4. Dezember 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Modekette M verwendet ohne Zustimmung des bekannten Schauspielers und Moderators A ein Foto von A, auf dem dieser Kleidung der M trägt, als Werbung in Tageszeitungen sowie bei Online-Anzeigen.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Erlangtes Etwas in der (allgemeinen) Eingriffskondiktion

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Voraussetzungen einer Eingriffskondiktion könnten erfüllt sein (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB).

Ja, in der Tat!

Dem Bereicherungsgläubiger steht ein Herausgabeanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB (Eingriffskondiktion) zu, wenn vier Voraussetzungen gegeben sind: Der Anspruchsgegner (Bereicherungsschuldner) müsste (1) etwas erlangt haben. Dies müsste (2) in sonstiger Weise, also nicht durch Leistung erfolgt sein. Dies ist (3) auf Kosten des Bereicherungsgläubigers geschehen, wenn ein Eingriff in ein fremdes Recht vorliegt. Zuletzt muss der Bereicherungsschuldner den Bereicherungsgegenstand (4) ohne Rechtsgrund erlangt haben.
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2. Als „erlangtes etwas“ kommen nur konkrete Vermögenswerte in Betracht (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB).

Nein!

Bereicherungsgegenstand bei der Eingriffskondiktion ist jede vorteilhafte Rechtsposition. Hierbei kommt es nicht auf einen Vermögenswert oder auf eine Gegenständlichkeit an. M hat das Bild des A zu Werbezwecken genutzt und somit die Nutzung des Namens des bekannten A erlangt.

3. M hat die Nutzung durch Leistung erlangt (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Leistung ist die bewusste, zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens. A hat weder bewusst, noch zweckgerichtet Ms Vermögen gemehrt. Eine Leistung des A an M ist somit nicht ersichtlich. M hat die Nutzung „in sonstiger Weise“ erlangt.

4. Das Recht am eigenen Bild weist einen vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt auf.

Ja, in der Tat!

Gewisse Erscheinungsformen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, wie etwa auch das Recht am eigenen Bild (§§ 22 ff. KunstUrhG) können durchaus einen wirtschaftlichen Wert besitzen. Es ist allein Sache des Berechtigten, darüber zu entscheiden, ob er sein Bild oder seinen Namen einem anderen für Geschäftszwecke zum Gebrauch überlassen und seine privaten Aufzeichnungen kommerziell auswerten möchte. Der Berechtigte hat also die Freiheit, über Darstellungen seiner Persönlichkeit zu bestimmen. Dieses Recht wird ihm zugewiesen.

5. Es liegt ein Eingriff in ein fremdes Recht vor.

Ja!

Eingriff bedeutet nach der herrschenden Zuweisungstheorie die Verletzung des Zuweisungsgehalts eines fremden Rechts. Die Rechtsposition, um die es hier geht ist das Recht am eigenen Bild (§ 22 KunstUrhG). Dieses umfasst das Recht des Berechtigten, über Darstellungen seiner Persönlichkeit zu bestimmen. In diese Freiheit hat M durch die Verwendung des Fotos ohne Zustimmung eingegriffen. Ein Eingriff liegt vor.

6. Ms Bereicherung war ohne Rechtsgrund iSd Eingriffskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB).

Genau, so ist das!

Die Bereicherung des Schuldners ist ohne Rechtsgrund, wenn dem ihm kein Behaltensgrund zusteht. Es gibt gesetzliche und vertraglich Behaltensgründe. A hat der Nutzung des Bildes nicht zugestimmt. Allerdings dürfen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG ohne die nach § 22 KunstUrhG erforderliche Einwilligung verbreitet werden. Allerdings ist die Ausnahmebestimmung nur einschlägig, wenn die fragliche Veröffentlichung einem schutzwürdigen Informationsinteresse der Allgemeinheit nachkommt. Dies ist bei der Verwertung zu Werbezwecken nicht der Fall. Es liegt somit ein Eingriff in As geschützte Rechtsposition vor.

7. M hat die Bereicherung herauszugeben (§ 818 Abs. 1, 2 BGB).

Ja, in der Tat!

Die Rechtsfolge des Bereicherungsanspruchs aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB ist die Herausgabe der Bereicherung. Die Bereicherung liegt hier in der Nutzung der Bilder. Da die Nutzungsmöglichkeit nicht in Natur herausgegeben werden kann, ist nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten. Dieser bemisst sich an der Höhe der ersparten Lizenzgebühren für die berechtigte Nutzung der Fotos. M hat also die fiktiven Lizenzgebühren zu erstatten.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

TO

Toralf

17.3.2022, 08:15:09

Ich finde die Terminologie "Bereicherung herauszugeben" nicht ganz glücklich, weil ihr ja zugleich den Wertersatz damit meint. Zumindest ist der Absatz 2 in der zur Disposition stehenden Aussage mitzitiert. Außerdem wird dann in der Antwort darauf verwiesen, dass die eigentliche Bereicherung gar nicht herausgegeben werden kann.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

17.3.2022, 13:35:10

Vielen Dank für die Anmerkung, Toralf. Besteht ein bereicherungsrechtlicher

Herausgabeanspruch

, so ist die Rechtsfolge, dass der Schuldner die bei ihm vorliegende Bereicherung herauszugeben hat. Dies kann entweder dadurch erfolgen, dass er diese in Natur herausgibt (§ 818 Abs. 1 BGB) oder Wertersatz (§ 818 Abs. 2 BGB) hierfür leistet. Der Begriff der Bereicherung ist insoweit nicht auf das erlangte etwas (hier die Nutzungsmöglichkeit der Fotos) beschränkt. Insofern finden wir das Statement durchaus passend, da M hier seine Bereicherung in Form des Wertersatzes an A ausk

ehre

n muss. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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