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D entfernt das Handy des B aus dessen hinterer Hosentasche und läuft damit weg.

Einordnung des Falls

Einstiegsfall

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist der Begriff der "Sache" (§ 242 StGB) nach den Regeln des Zivilrechts (§§ 90 ff. BGB) zu bestimmen?

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Begriff der Sache im Strafrecht ist nach hM autonom zu bilden und von zivilrechtlichen Regelungen unabhängig. Er stimmt mit dem zivilrechtlichen Sachbegriff hinsichtlich der Körperlichkeit überein. Tiere gelten jedoch im Strafrecht als "Sachen" (anders im Zivilrecht: nach § 90a BGB sollen Tiere keine Sachen sein).

2. Ist der Begriff "beweglich" (§ 242 StGB) nach den Regeln des Zivilrechts (§§ 90 ff. BGB) zu bestimmen?

Nein, das trifft nicht zu!

Beweglich sind – unabhängig von dem bürgerlich-rechtlichen Begriff (§§ 93 ff. BGB) – Sachen, die tatsächlich fortgeschafft werden können. Dazu gehören auch durch die Tathandlung beweglich gemachte Sachen (z.B. Heizkörper).

3. Handelt es sich bei Bs Smartphone um eine "bewegliche Sache" (§ 242 Abs. 1 StGB)?

Ja!

Eine Sache im Sinne des § 242 Abs. 1 StGB ist nach dem vom Zivilrecht grundsätzlich unabhängigen strafrechtlichen Sachbegriff jeder körperliche Gegenstand vergleichbar mit § 90 BGB, unabhängig von seinem Aggregatzustand (fest, flüssig, gasförmig) und wirtschaftlichen Wert. Mangels Körperlichkeit keine Sachen sind der elektrische Strom (dafür stellt § 248c StGB die Entziehung elektrischer Energie ausdrücklich unter Strafe), Forderungen (z.B. Buch- und Giralgeld) und sonstige Rechte (Patente, Marken). Bei dem Smartphone handelt es sich um einen festen körperlichen Gegenstand, mithin eine Sache. Es ist zudem beweglich.

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ALE

Alexander

3.11.2022, 17:45:13

Die Definition „Beweglich ist jede Sache, die tatsächlich fortgeschafft werden kann“ nicht korrekt. Bitte anpassen

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

4.11.2022, 09:23:14

Hallo Alexander, vielen Dank für Deinen Hinweis. Hier müsstest Du mir aber noch etwas auf die Sprünge helfen. Es handelt sich hierbei um eine sehr gebräuchliche strafrechtliche Definition aus der Kommentarliteratur (BeckOK StGB/Wittig, 54. Ed. 1.8.2022, StGB § 242 Rn. 5; Schönke/Schröder/Bosch, 30. Aufl. 2019, StGB § 242 Rn. 11). Es geht im Kern darum, dass das Objekt der Wegnahme beweglich im natürlichen Sinn sein muss (Fischer, StGB, § 242 RdNr. 4). Der zentrale Unterschied zum zivilrechtlichen Beweglichkeitsbegriff besteht deshalb darin, dass auch Teile von Grundstücken (im Zivilrecht = unbewegliche Sachen) im Strafrecht Objekt einer Wegnahme sein können, solange sie zum Zweck der Wegnahme losgelöst werden können. Der strafrechtliche Begriff der Beweglichkeit ist also weiter als im Zivilrecht. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

ALE

Alexander

4.11.2022, 15:02:40

Dass sollte aber präzisiert werden. Es kann nicht nur auf das Fortschaffen ankommen, sondern es muss auch die Trennbarkeit von der Immobilie berücksichtigt werden. Dazu MüKo StGB/Schmitz, § 242 StGB Rn. 49. Vielleicht könnt ihr das ja mal abgleichen

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

4.11.2022, 15:23:18

Hallo Alexander, vielen Dank, dass Du das noch einmal erläutert hast. In der Tat kommt es für die Beweglichkeit nicht darauf an, dass der Täter die Sache "fortschafft", sondern er sie "fortschaffen kann". Daraus ergibt sich wiederum die Frage, wann dies denn der Fall ist. Dabei entspricht es der hM, dies eben nicht nur bei Mobilien möglich ist, sondern auch bei Teilen von Grundstücken, die durch die Tathandlung des Täters erst vom Grundstück getrennt und dadurch beweglich werden (MüKoStGB/Schmitz, 4. Aufl. 2021, StGB § 242 Rn. 45). Insoweit liegt darin nicht unbedingt ein Widerspruch :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

BS

Bianca St.

15.12.2022, 08:52:06

Hallo zusammen, in der Ausbildung zum Polizeimeisterin müssten wir in der Subtraktion IMMER den 90 BGB anführen und expleziet auf den KÖRPERLICH BEGRENZEN GEGENSTÄNDE GEM. 90 BGB eingehen/anführen. Auch beweglich gemachte Gegenstände müssten so angeführt werden. Eure Antwort verwirrt bisschen. LG Bianca

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

16.12.2022, 15:35:54

Hallo Bianca, vielen Dank für Deine Frage. Bei der Auslegung und Bestimmung von rechtlichen Begriffen muss man ein wenig Vorsicht walten lassen. So kann der gleiche Begriff (zB Sache) im Strafrecht und im Zivilrecht unterschiedliche Bedeutungen haben. Soweit im StGB der Begriff "Sache" steht, fallen zB auch Tiere darunter. Deswegen weisen wir in dieser Aufgabe darauf hin, dass man den Begriff autonom auslegen muss. Einfach § 90 BGB anzuführen ist deshalb unpräzise. Richtig ist aber, dass der strafrechtliche und der zivilrechtliche Sachbegriff im Hinblick auf die körperliche Umgrenzung identisch sind. D.h. zB dass Strom weder nach zivilrechtlichem, noch nach strafrechtlichem Verständnis eine Sache ist, da es an dieser körperlichen Umgrenzung fehlt. Selbst innerhalb eines Gesetzes kann ein Begriff unterschiedliche Bedeutungen haben. So wird der Begriff des gefährlichen Werkzeugs in §

224 StGB

anders definiert als in § 250 StGB. Wenn Du also Definitionen lernst und anwendest, musst Du stets hinterfragen, ob die gelernte Definition hier tatsächlich Anwendung findet. Ich hoffe, es ist jetzt etwas klarer geworden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

AN

Ann

2.5.2023, 12:19:09

Kann man in der Klausur trotzdem die Zivilrechtliche Definition der Sache benutzen wenn es letztendlich zum gleichen Ergebnis führt, oder wäre das grundsätzlich falsch?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

3.5.2023, 11:32:51

Hallo Ann, es ist dazu zu raten die Begriffe nach Rechtsgebiet zu trennen. Es macht ja wie aufgezeigt auch durchaus einen Unterschied. Sollte man in einer Klausur einen Blackout haben, ist es durchaus eine gute Taktik mit dem zu arbeiten was einem einfällt statt nichts zu schreiben. Um aber saubere Ergebnisse zu erzielen, sollten dir die Unterschiede zwischen den Sachbegriffen klar sein. Das gilt natürlich auch für einige andere Begriffe. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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