Selbstverteidigungslage: "bewaffneter Angriff" (niedrigschwellige nur punktuelle Angriffe)


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Türkische Grenzposten geraten unter vereinzelten Beschuss kurdischer Freischärler mit Scharfschützengewehren und Panzerabwehrraketen von nordsyrischem Territorium aus. Die Türkei marschiert daraufhin 2019 in Nordsyrien ein und besetzt weite Landstriche.

Einordnung des Falls

Selbstverteidigungslage: "bewaffneter Angriff" (niedrigschwellige nur punktuelle Angriffe)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Einmarsch der Türkei könnte gerechtfertigt sein, wenn die Türkei in Ausübung ihres Selbstverteidigungsrechts nach Art. 51 S. 1 UN-Charta handelt.

Genau, so ist das!

Genau! Art. 51 UN-Charta gesteht B ein Selbstverteidigungsrecht „im Falle eines bewaffneten Angriffs" zu. Eine Verletzung des Gewaltverbots durch eine Gewaltanwendung gegen den angreifenden Staat ist im Rahmen des Selbstverteidigungsrechts nach Art. 51 UN-Charta damit völkerrechtlich gerechtfertigt.

2. Art. 51 S. 1 UN-Charta setzt eine Selbstverteidigungslage voraus, d.h. einen gegenwärtigen rechtswidrigen bewaffneten Angriff.

Ja, in der Tat!

Genau! Art. 51 UN-Charta setzt eine Selbstverteidigungslage voraus. Das Kriterium der Gegenwärtigkeit ergibt sich aus der englischsprachigen Formulierung im Präsens: "if an armed attack occurs". Das Kriterium der Rechtswidrigkeit folgt aus dem Telos des Art. 51 UN-Charta und der Systematik der Charta: eine Selbstverteidigung gegen einen Staat, der selbst in Selbstverteidigung oder aufgrund einer Sicherheitsratsresolution nach Art. 42, 39 UN-Charta agiert, ist ausgeschlossen.

3. Der vereinzelte Beschuss türkischer Grenzposten mit Scharfschützengewehren und Panzerabwehrraketen stellt einen bewaffneten Angriff dar.

Nein!

Der Begriff ist des bewaffneten Angriffs ist nicht definiert. Ein bewaffneter Angriff setzt eine Gewaltanwendung voraus, die nach Ausmaß und Wirkung ("scale and effects") über die des Art. 2 Nr. 4 UN-Charta hinausgeht. Dies ist jedenfalls der Fall bei schwersten und andauernden Gewaltanwendungen wie Invasion, Bombardements oder Besatzung.Der vereinzelte Beschuss mit Scharfschützengewehren und Panzerabwehrraketen ist kein bewaffneter Angriff.Im Übrigen ist eine Invasion als Selbstverteidigungshandlung hier offensichtlich unverhältnismäßig.

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