+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Hotelbetreiber H betreibt die Poolanlage, die zu der von R bei V gebuchten Pauschalreise gehört. Die Poolanlage wurde mangelhaft erbaut. Als R in den Pool geht, verletzt sie sich. Es entstehen Behandlungskosten i.H.v. €1000. 2 ½ Jahre nach Reiseende verlangt R Schadensersatz.
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Einordnung des Falls
Leistungserbringer kein Verrichtungsgehilfe + Verkehrssicherungspflicht
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. R kann von V Schadensersatz verlangen (§§ 651i Abs. 3 Nr. 7, 651n Abs. 1 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
Die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs sind (1) ein Pauschalreisevertrag, (2) ein Mangel, den (3) der Reiseveranstalter verschuldet hat und (4) ein zurechenbarer Schaden. Der Schadensersatz ist ausgeschlossen, wenn der Veranstalter dem Mangel infolge einer unterbliebenen Mängelanzeige nicht abhelfen konnte (§ 651o Abs. 2 BGB). Die Voraussetzungen des Schadensersatzes sind erfüllt. Allerdings verjähren reisevertragliche Gewährleistungsansprüche nach zwei Jahren (§ 651j BGB). R verlangt hier 2 ½ Jahre nach Reiseende Schadensersatz. Der Anspruch ist als verjährt.
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2. Der verjährte reisevertragliche Anspruch schließt die Geltendmachung von anderen Ansprüchen, die auf das selbe Ziel gerichtet sind, aus.
Nein!
§ 651j BGB regelt gerade nur die Verjährung der reisevertrglichen Gewährleistungsrechten. Aus dieser Begrenzung ist zu schließen, dass gerade alle anderen Ansprüche nicht verjähren. Anders als zB im Kaufrecht, schlägt die kurze reisevertragliche Verjährungsfrist nicht auf deliktische Ansprüche durch.
3. Es kommt eine Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB in Betracht.
Genau, so ist das!
Voraussetzung der Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB sind (1) eine Rechtsgutsverletzung, welche der Anspruchsgegner (2) rechtswidrig (3) durch seine Verletzungshandlung herbeigeführt hat. Es muss ein (4) Verschulden des Anspruchsgegners vorliegen. Zudem muss ein (5) zurechenbarer Schaden vorliegen.
4. Es liegt eine Rechtsgutsverletzung vor. Die Rechtsgutsverletzung geht darauf zurück, dass die Poolanlage durch H nicht ordnungsgemäß erbaut wurde
Ja, in der Tat!
Eine Rechtsgutsverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB ist eine Verletzung eines der genannten Rechtsgüter (Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum) oder eines sonstigen absoluten Rechts. Ein Verhalten ist nach der Äquivalenztheorie kausal, wenn die Rechtsgutsverletzung nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass die Rechtsgutsverletzung entfiele (conditio sine quo non). R hat eine Körperverletzung erlitten. Hätte H die Poolanlage ordnungsgemäß erbaut, hätte sich R nicht verletzt. Hs Unterlassen war somit kausal. Dies begründet aber in erster Linie einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB gegen H und nicht gegen V.
5. V hatte mit dem Bau der Poolanlage nichts zu tun. Handelt es sich bei H um Vs Verrichtungsgehilfen, sodass V dennoch nach § 831 BGB haftet?
Nein!
Ein Verrichtungsgehilfe ist eine Person, die mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn weisungsgebunden in dessen Interesse tätig wird. H wird zwar mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn (V) tätig. Allerdings ist H nicht weisungsgebunden. H betreibt sein Hotel wie er es möchte und fällt eigenmächtig, ohne, dass V irgendein Mitspracherecht hätte, Entscheidungen. V ist nur Vertragspartner. Eine Zurechnung von Hs Verletzungshandlung nach § 831 BGB scheidet somit aus.Im Hinblick auf vertragliche Ansprüche wäre H dagegen Erfüllungsgehilfe iSv § 278 BGB. Das Erfordernis der Weisungsgebundenheit besteht hier nicht, sodass hier sein Verschulden unmittelbar zurechenbar ist.
6. V könnte eine eigene zurechenbare Verletzungshandlung In Form einer Verletzung seiner Verkehrssicherungspflichten vorgenommen haben.
Genau, so ist das!
Eine Verkehrssicherungspflichten ist die Einstandspflicht für die Sicherung eines Bereichs, den jemand beherrscht und aus dem er Vorteile zieht. Wer eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, muss die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen treffen, um Schäden anderer zu verhindern.Diese Pflichtverletzung wird in Klausuren gerne übersehen! Das passiert Dir nun nicht mehr!
7. V hatte die Sicherheit der Poolanlage nie geprüft. Hat V seine Verkehrssicherungspflicht gewahrt?
Nein, das trifft nicht zu!
Bei der Vorbereitung und Durchführung der veranstalteten Reise trifft den Reiseveranstalter eine eigene Verkehrssicherungspflicht. Dazu gehört nicht nur die sorgfältige Auswahl der Leistungsträger, insbesondere der Vertragshotels, sondern auch die Überwachung dieser. Somit ist der Reiseveranstalter für die Sicherheit der Hotels selbst mitverantwortlich.
V war verpflichtet, die Sicherheit der Poolanlage zu überprüfen. Dies hat V unterlassen. Hierin liegt ein Verstoß gegen seine Verkehrssicherungspflicht.Der Reiseveranstalter kommt seiner Verkehrssicherungspflicht auch nicht durch einmalige Prüfung nach. Vielmehr muss er die Träger regelmäßig überwachen (BGH NJW 1988, 1380).
8. Die restlichen Voraussetzungen der Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB sind ebenfalls erfüllt.
Ja!
Da V die Anlage nie hat kontrollieren lassen, hat er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen und somit zumindest fahrlässig seine Verkehrssicherungspflicht verletzt (vgl. § 276 Abs. 2 BGB). Er hat somit die Rechtsgutsverletzung verschuldet. R ist ein Schaden in Höhe von €1000 entstanden. Dieser ist ihr gerade wegen der Rechtsgutsverletzung entstanden (haftungsausfüllende Kausalität). Der Anspruch besteht und ist auch noch nicht verjährt (vgl. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB).