Zivilrechtliche Nebengebiete
Arbeitsrecht
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Kündigung bei Bagatelldiebstahl („Fall Emmely“)
Kündigung bei Bagatelldiebstahl („Fall Emmely“)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Kassiererin Emmely arbeitet bereits seit über 30 Jahren beanstandungsfrei in einem Supermarkt. Dort findet sie zwei Leergutbons im Wert von €0,48 und €0,82. E nimmt die Bons an sich und löst diese bei ihrem nächsten Einkauf ein. Als Supermarktleiter S davon erfährt, kündigt er E fristlos.
Diesen Fall lösen 84,9 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Kündigung bei Bagatelldiebstahl („Fall Emmely“)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Es liegt hier ein Sachverhalt vor, der „an sich“ objektiv geeignet ist, die fristlose Kündigung zu rechtfertigen (1. Stufe).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Es liegt im konkreten Fall eine erhebliche, die Schwelle zum wichtigen Grund überschreitende Pflichtverletzung vor (2. Stufe).
Nein!
3. Ist die fristlose Kündigung wirksam?
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Konrad1522
30.7.2024, 16:27:28
Ist hier also auch eine ordentliche Kündigung oder nur die fristlose Kündigung unwirksam?
Maitre68
4.8.2024, 14:05:44
@[Konrad1522](153272) Hier wäre eine ordentliche Kündigung unwirksam, da der Arbeitgeber die AN zunächst abmahnen müsste. Erst bei einem weiteren Fehlverhalten würde die Kündigung durchgehen. LG Maitre
StellaChiara
1.9.2024, 13:04:58
verstehe ich es richtig, dass auf der 1. Stufe abstrakt (Straftat) losgelöst von Details (0.30 euro Pfandbon) geprüft wird, ob ein wichtiger Grund vorliegt, und erst auf der 2. Stufe auf die genauen Details eingegangen wird?
Maitre68
1.9.2024, 15:05:23
@[StellaChiara](19
2733) Es ist eher so, dass auf der ersten Stufe geprüft wird, ob die konkrete Verfehlung/Handlung an sich (abstrakt) geeignet ist, einen Grund für eine außerordentliche Kündigung darzustellen (samt der Details, also hier der Diebstahl eines Pfandbons mit geringem Wert). Im zweiten Schritt prüfst du dann, ob dies auch im konkreten Fall für eine außerordentliche Kündigung reicht. Dort findet die im Arbeitsrecht allseits bekannte Interessenabwägung und Verhältnismässigkeitsprüfung statt. Also 1. Schritt: Betrachtung der Handlung im luftleeren Raum 2. Schritt: Betrachtung der Begleitumstände (zB. frühere Verfehlungen des AN, Dauer der Betriebszugehörigkeit etc.) Hoffe das hilft. LG Maitre