Fliegender Wechsel zwischen GbR und OHG

21. Mai 2025

10 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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inkl. MoPeG

Die Studentinnen S1 und S2 schließen sich zusammen, um in der Nähe der Universität in einer Garage den kleinen Fuchs-Copyshop zu eröffnen. Zunächst beträgt der Umsatz €300 pro Monat. Die Geschäfte entwickeln sich aber gut. Ein Jahr später haben die beiden 10 Filialen in ganz Deutschland und erwirtschaften einen Umsatz von €1 Mio. pro Jahr.

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Einordnung des Falls

Fliegender Wechsel zwischen GbR und OHG

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S1 und S2 haben von Beginn an eine OHG gegründet.

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine OHG liegt nach § 105 Abs. 1 HGB vor, wenn sich die am Vertrag Beteiligten gegenseitig verpflichten, zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks zusammenzuwirken, im Unterschied zur GbR muss dieser Zweck aber im Betrieb eines Handelsgewerbes liegen (§ 1 ff. HGB). Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert (§ 1 Abs. 2 HGB). Gewerbe ist eine selbstständige, entgeltliche, auf eine unbestimmte Vielzahl von Geschäften gerichtete, nach außen in Erscheinung tretende Tätigkeit mit Ausnahme der freien Berufe. Der Betrieb eines Copyshops erfüllt die Voraussetzungen eines Gewerbes. Ein Umsatz von nur €300 pro Monat erforderte jedoch keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb. S1 und S2 haben deshalb mangels Handelsgewerbes keine OHG, sondern eine GbR gegründet (§ 705 Abs. 1 BGB).
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2. Auch, wenn die Fuchs-Copyshop inzwischen einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 1 Abs. 2 HGB), ist sie weiterhin eine GbR.

Nein, das trifft nicht zu!

Art oder Umfang des Gewerbebetriebs einer Gesellschaft können sich dauerhaft ändern. Wenn aus einem bloßen Gewerbe ein Handelsgewerbe i.S.d. §§ 1ff. HGB wird, so wird aus einer bisherigen GbR automatisch – kraft Gesetzes! – eine OHG. Bei Absinken wird aus einer ehemaligen OHG umgekehrt eine GbR. Während die Anmeldung der GbR freiwillig ist, so besteht bei der OHG eine Anmeldepflicht (§ 106 Abs. 1 HGB). Aus der Fuchs-Copyshop GbR ist automatisch eine OHG geworden, als das Gewerbe wuchs und einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erforderte. Daraus ergibt sich nunmehr die Verpflichtung, die OHG auch anzumelden.Die Anmeldung ist hier nur deklaratorisch, d.h. bereits vor der Anmeldung ist die OHG hier entstanden. MoPeG-Änderung (ab 1.1.2024): Infolge des MoPeG besteht nunmehr auch für eine GbR die Möglichkeit, sich in ein Gesellschaftsregister eintragen zu lassen (eGbR, § 707 BGB). Wird aus einer eGbR nunmehr eine OHG, kann beim Ausgangsregister der Statuswechsel angemeldet werden (§ 707c BGB).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Nils

Nils

19.1.2024, 20:52:13

Ich habe aufgrund der Formulierung der Frage hier nein gedrückt, gerade weil die Änderung von GbR auf OHG ab ja automatisch passiert und die Eintragung nur deklaratorisch ist und deswegen eben nicht „beantragt“ werden muss. Auch der Antworttext suggeriert, dass man hier beide Antwortmöglichkeiten für richtig halten kann. Sehe ich das falsch?

LELEE

Leo Lee

20.1.2024, 07:35:57

Hallo Nils, vielen Dank für den Hinweis! In der Tat war das Wort „beantragt“ irreführend aus dem von dir genannten Grund. Damit war gemeint, dass sie die Anmeldung beantragen müssen. Wir haben nun „beantragt“ mit „anmelden“ ersetzt und danken dir vielmals dafür, dass du uns dabei hilfst, die App zu perfektionieren :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

LENA

Lena

23.1.2025, 19:43:41

Hallo, in der Aufgabe heißt es: "Bei Absinken wird aus einer ehemaligen OHG umgekehrt eine GbR". Ich frage mich, ob das auch gilt, wenn die Gesellschaft als OHG im Handelsregister eingetragen ist? Müsste nicht, ähnlich wie bei § 5 HGB gelten, dass die Gesellschaft sich als OHG behandeln lassen muss, solange sie als solche im Handelsregister eingetragen ist? Für den Weg zurück zur GbR wäre also eine Änderung im Handelsregister notwendig. Und falls dem so sein sollte: Gilt bei der unterlassenen Eintragung der OHG im Handelsregister, die

negative Publizität

gem. § 15 I HGB bei fehlender Voreintragung?

Kathi

Kathi

14.4.2025, 17:41:36

Ab wann wird denn eine GbR zur OHG? Gibts es da bestimmte Grenzen? richtet sich das vor allem nach dem Umsatz?

BEN

benjaminmeister

10.5.2025, 18:45:33

Die Abgrenzung läuft exakt parallel zum Übergang vom Kleingewerbe zum Handelsgewerbe (da letzteres ja eine Umwandlungsmöglichkeit von der GbR zur OHG ist). Die Grenzen bestimmen sich nach Art und Umfang des Betriebs (vgl. § 1 II HGB). Entscheidungserheblich sind insbesondere die Anzahl der Mitarbeiter, Umsatz und Geschäftsbeziehungen. Es kommt aber immer auf das Gesamtbild an! Ich habe noch keine Klausur gesehen, bei der die Frage am Ende Detailwissen erforderte. Meistens sind alle Merkmale so stark ausgeprägt (zweistellige Anzahl an Mitarbeitern, Jahresumsatz im mindestens mittleren sechstelligen Bereich), dass das Vorliegend des Erfordernis eines kaufmännisch eingerichteten Betriebs gut vertretbar bejaht werden kann, oder die Merkmale sind so schwach ausgeprägt, dass das Vorliegen offensichtlich zu verneinen ist (Einzelkaufmann ohne oder mit maximal zwei Angestellten, oftmals Minijober, geringer fünfstelliger Jahresumsatz, Betrieb nur am Wochenende).


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