Klagebefugnis nach Möglichkeitstheorie - Ablehnung der Schlüssigkeitstheorie


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Klassisches Klausurproblem

B will ein Haus errichten und erhält dafür eine Baugenehmigung. K will dagegen klagen. Er behauptet, er sei rechtmäßiger Eigentümer des Nachbargrundstücks. B meint, K habe dies nicht schlüssig vorgetragen. Die Eigentumslage steht im Streit.

Einordnung des Falls

Klagebefugnis nach Möglichkeitstheorie - Ablehnung der Schlüssigkeitstheorie

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Für die Begründung der Klagebefugnis muss K die geltend gemachte Rechtsverletzung schlüssig vortragen.

Nein!

Die Klagebefugnis (42 Abs. 2 VwGO) beurteilt sich danach, ob der Kläger durch den angegriffenen Verwaltungsakt - hier die Baugenehmigung für B - möglicherweise in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt ist (sog. Möglichkeitstheorie). Die Rechtsverletzung darf lediglich nicht ausgeschlossen sein. Das Erfordernis einer schlüssigen Darlegung der Rechtsverletzung (Schlüssigkeitstheorie) überfrachtet die Zulässigkeitsprüfung mit häufig schwer zu beantwortenden Fragen, trägt dem verwaltungsprozessualen Untersuchungsgrundsatz (§§ 82, 86 Abs. 1 VwGO) nicht hinreichend Rechnung und ist daher abzulehnen.

2. Um gegen die Baugenehmigung vorgehen zu können, müsste K klagebefugt sein.

Genau, so ist das!

Nach der Bestimmung der statthaften Klageart ist zu prüfen, ob der Kläger auch klagebefugt ist. Durch das Erfordernis der Klagebefugnis soll ausgeschlossen werden, dass jeder gegen alles klagen kann (Ausschluss der Popularklage). Nur derjenige soll klagen können, der dies zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) auch braucht. Bei der Anfechtungsklage ist die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) gegeben, soweit der Kläger geltend machen kann, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein.

3. Das Klagebegehren des K richtet sich auf die Aufhebung der Baugenehmigung. Die Anfechtungsklage ist statthaft.

Ja, in der Tat!

Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren (§§ 88, 86 Abs. 3 VwGO). K begehrt die Aufhebung der Baugenehmigung für B. Dabei handelt es ich um einen Verwaltungsakt (§ 35 S. 1 VwVfG). Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) ist statthaft.

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GEL

gelöscht

20.8.2020, 18:20:43

Ob der Kläger in den Schutzbereich der Norm einbezogen ist, ist doch in der KB abschließend zu prüfen? Da das BauGB an die Bodenrechte anknüpft, müsste der Kläger also glaubhaft machen, Eigentümer des Nachbargrundstücks zu sein, eine bloße Möglichkeit dürfte nicht ausreichen?

Wendelin Neubert

Wendelin Neubert

12.11.2021, 11:33:27

Hallo 18 Punkte Kandidat, danke für deine Frage und sorry für die späte Antwort. Anders als du meinst, reicht hier die bloße Möglichkeit der Rechtsverletzung aus, also die Rechtsverletzung (hier die rechtswidrige Erteilung der Baugenehmigung an den Nicht-Eigentümer) darf lediglich nicht ausgeschlossen sein. Hier ist sie nicht ausgeschlossen, da die Eigentumslage zwischen den Beteiligten im Streit steht. Der vorliegende Fall dient also dazu, einen wichtigen Unterschied zum Zivilprozess aufzuzeigen: Im Verwaltungsprozess gilt der Untersuchungsgrundsatz (86 Abs. 1 VwGO), auf eine schlüssige Darlegung kommt es daher nicht an. In der Klausur würdest du dies also kurz - wie im Fall dargestellt - in der Zulässigkeit abhandeln und dann die Eigentumslage in der Begründetheit prüfen müssen. Hoffe das hilft. Beste Grüße – Wendelin, für das Jurafuchs Team

Antonia

Antonia

8.1.2022, 13:58:52

Würde es in der Klausur ausreichen, die mögliche Rechtsverletzung durch rw Erteilung der Baugenehmigung an den Nicht-Eigentümer zu bejahen? Brauche ich nicht eine konkrete Norm, die ich dann mit der

Schutznormtheorie

überprüfe? Oder wäre eine mögliche Verletzung in Art. 14 GG gegeben?

TOB

Tobias

10.7.2024, 09:21:57

Eine Berufung auf Art. 14 l GG dürfte nicht zielführend sein, da der Gesetzgeber in den einschlägigen Bauplanungsnormen die Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Art.14 l GG zulässigerweise konkretisiert bzw. ausformuliert hat. Ich bitte um Korrektur, sollte ich hier falsch liegen und eine (hilfsweise) Berufung auf Art. 14 l Ggist dennoch möglich?


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