Keine Klagebefugnis bei fehlender Betroffenheit in eigenen Rechten


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Klassisches Klausurproblem

Oma O, die in Konstanz lebt, mag keine Hochhäuser. Als sie hört, dass im fernen Berlin ein neues Hochhaus genehmigt wurde, klagt sie dagegen. Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet.

Einordnung des Falls

Keine Klagebefugnis bei fehlender Betroffenheit in eigenen Rechten

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. O kann als Adressat der Baugenehmigung geltend machen, durch diese in einem ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte verletzt zu sein.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ist der Kläger Adressat eines belastenden Verwaltungsakts, ergibt sich die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) auch ohne Sachvortrag aus dem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) (sog. Adressatentheorie). Da O nicht Adressat des Verwaltungsakts ist, greift die Adressatentheorie hier nicht.

2. Um gegen die Baugenehmigung für das Hochhaus vorgehen zu können, müsste O klagebefugt sein.

Ja, in der Tat!

Nach der Bestimmung der statthaften Klageart ist zu prüfen, ob der Kläger auch klagebefugt ist (§ 42 Abs. 2 VwGO). Durch das Erfordernis der Klagebefugnis soll ausgeschlossen werden, dass jeder gegen alles klagen kann (Ausschluss der Popularklage). Nur derjenige soll klagen können, der dies zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) auch braucht. Bei der Anfechtungsklage ist die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) gegeben, soweit der Kläger geltend machen kann, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein.

3. Das Klagebegehren der O ist darauf gerichtet, die Errichtung des Hochhauses zu verhindern. Die Anfechtungsklage ist statthaft.

Ja!

Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren (§§ 88, 86 Abs. 3 VwGO). O begehrt die Verhinderung der Errichtung des Hochhauses. Aus rechtlicher Sicht möchte sie damit die Aufhebung der Baugenehmigung für das Hochhaus erreichen. Die Baugenehmigung ist ein Verwaltungsakt (§ 35 S. 1 VwVfG). Mithin begehrt O die Aufhebung eines Verwaltungsakts. Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) ist statthaft.

4. O ist klagebefugt, weil sie geltend machen kann, durch die Baugenehmigung in einem geschützten Recht verletzt zu sein.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) beurteilt sich danach, ob der Kläger durch den angegriffenen Verwaltungsakt möglicherweise in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt ist (sog. Möglichkeitstheorie). Dies setzt voraus, dass der Kläger ein geschütztes Recht geltend macht. Geschützte Rechte können sich aus unterschiedlichsten einfachgesetzlichen Rechtsnormen oder Grundrechten ergeben. Ein geschütztes Recht ist aber von „Nicht-Rechten“ wie bloßen Annehmlichkeiten, Rechtsreflexen oder Erwerbschancen abzugrenzen. Die bloße Abneigung gegenüber Hochhäusern, noch dazu an fernen Orten, ist kein geschütztes Recht. O ist somit nicht klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO).

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