Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Objektive Zurechnung
Tödliche Notlandung in der Wüste (Risikoverringerung und Schaffung neuer Gefahr)
Tödliche Notlandung in der Wüste (Risikoverringerung und Schaffung neuer Gefahr)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A, B und C müssen beim Segelfliegen in der Wüste notlanden. A möchte C loswerden. Er gibt ein sofort tödliches Gift in C's Trinkflasche. B möchte C ebenfalls loswerden und bohrt C's Flasche an, so dass sie ausläuft. C verdurstet daraufhin.
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Einordnung des Falls
Tödliche Notlandung in der Wüste (Risikoverringerung und Schaffung neuer Gefahr)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A hat den Tod des C durch die Vergiftung des Wassers kausal verursacht.
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Tod des C ist B objektiv zuzurechnen.
Genau, so ist das!
3. B hat den Tod des C kausal verursacht.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
s.t.
15.8.2021, 13:27:31
Hier fliege ich ja bei der Kausalität der Strafbarkeit von A raus.. müsste ich die Handlung des B nicht dann noch in dem Rücktrittshandlung des Versuchs thematisieren ?
Lukas_Mengestu
19.11.2021, 10:27:25
Hallo s.t., B hat hier einen vollendeten Totschlag (bzw. aufgrund der heimtückischen begangen wohl sogar Mord) begangen. Für eine Rücktrittsprüfung ist hier kein Raum. Bei A dagegen hätte man in der Tat weiterprüfen müssen, inwieweit er sich wegen Versuches strafbar gemacht hat. Sein Versuch ist durch die Beschädigung der Flasche durch B fehlgeschlagen. Auch hier wäre insoweit kein Raum für einen Rücktritt. Da wir uns in der Einheit primär mit der objektiven Zurechnung befassen, wurde hier nicht mehr weitergeprüft. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
blu
23.11.2021, 22:55:42
C hat ja einen eigenständige Neue Gefahr begründet.. spricht man in dem Fall von einer Risikoersetzung?
nullumcrimen
6.6.2024, 18:05:41
Also ich würde davon ausgehen, dass hier eine unbewusste Risikoersetzung stattgefunden hat. Er hat zwar die Gefahr, die durch das Gift ausgeht, ungewollt beseitigt, mit der gleichen Handlung jedoch eine neue, rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen.
lennart20
21.4.2023, 10:50:15
Hier könnte bei der Frage nach der Kausalität die überholende/
fortwirkende Kausalitätangemerkt werden. Somit würde man das Ergebnis weiter präzisieren. Vielen Dank
lennart20
22.4.2023, 17:58:07
Ich meine überholende/abgebrochene
Lukas_Mengestu
25.4.2023, 12:53:07
Danke Lennart, wir haben das in der Subsumtion noch präzisiert :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Robinski
19.5.2024, 19:05:10
Wäre es auch vertretbar die
objektive Zurechnungmit dem Argument, dass das Wasser ohnehin nicht trinkbar war, abzulehnen? Weil sonst hätte B ja auch das Risiko des Verdursten setzen können indem er C über das Gift aufklärt, wodurch dieser nichts getrunken hätte und ebenfalls verdurstet wäre.
Maximilian Puschmann
20.5.2024, 12:50:08
Hallo Robinski, der B wusste scheinbar nicht, dass das Wasser vergiftet ist. Der Fall ist so zu beurteilen, wie er ist, und da hat der B einen komplett neuen Ablauf durch sein Dazwischentreten gesetzt. Hätte er jetzt gewusst, dass das Wasser vergiftet ist, und hätte den C darüber aufgeklärt, in der Absicht, den Vergiftungstod zu verhindern, dann wäre er natürlich straffrei. Beste Grüße Max - Für das Jurafuchs-Team
Jimmy105
28.6.2024, 16:26:43
Die Frage ist doch eigentlich die: Bestand für B die Möglichkeit sich rechtmäßig (alternativ) zu Verhalten, bzw. muss er für dieses rechtmäßige Verhalten wissen dass es dies gibt? B wusste nicht von dem gift = keine unterlassene aufklärung B hätte nur unterlassen können selbst eine gefahr zu schaffen (das loch zu setzen) letztlich ist das aber eine neue gefahr die die erste ersetzt. faktisch rettet er ihn ja unwissentlich. für mich hat das jetzt was von Gesinnungsstrafrecht, wenn B ihm eigentlich das leben verlängert. ich finde das ignoriert die hypothetische rettungsmöglichkeit dahingehend das wasser mit dem opfer zu teilen (was nicht passiert ist. letztlich hätte ich gesagt, dass eher dass der vorwurf sein müsste. A und B haben gemeinschaftlich unterlassen also getötet. die versuche von A und B hätte ich als Fehlgeschlagen abgetan. Was meint ihr?
Rechthaber
25.10.2024, 10:50:46
Der Fall spiegelt doch die Konstellation wieder, wo der objektive Tatbestand des 904 S 1 BGB gegeben ist, aber der Täter kein subjektives Rechtfertigungselement hat oder nicht ? Eine solche Konstellation wird doch über die Versuchsregelungen analog gelöst bzw über eine Strafzumessungsregelung weil das Erfolgsunrecht auf Ebene der Rechtfertigung durch das Vorliegen des objektiven Rechtfertigungstatbestands kompensiert wird.
Leo Lee
27.10.2024, 11:15:26
Hallo Rechthaber, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Vorab: Hier geht es darum, dass ein Mensch aus dem Weg geräumt werden soll, weshalb der 904 BGB eher fehl am Platz ist (diese Norm wird eher i.R.d. Sachbeschädigung relevant und nicht bei der Tötung eines Menschen). Die Situation, die du wahrscheinlich meinst, ist die des entschuldigenden Notstands, 35 StGB. Hier ist in der Tat neben einem obj. Element auch ein subj. Element (also der "Vorsatz" bezogen auf diese Rechtfertigung) notwendig. Allerdings gibt der SV zu wenig her, um diese Frage nach der Inkongruenz zw. dem Erfolgs- und Handlungsunrecht zu besprechen. Wir haben auf diese Ausführungen verzichtet, weil wir uns hier erstmal nur auf den obj. TB - obj. Zurechnung - konzentrieren wollten :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Rechthaber
27.10.2024, 20:40:54
Danke für die Antwort :) war vom Gedanken bei 904, weil die Trinkflsdche gebohrt wurde. Rechtfertigt natürlich kein Angriff in das Leben eines anderen :)