Zivilrecht
Bereicherungsrecht
Die Leistungskondiktion
Ausschluss nach § 817 S. 2 BGB: Schwarzarbeiterfall
Ausschluss nach § 817 S. 2 BGB: Schwarzarbeiterfall
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K beauftragt den H damit, größere Handwerksarbeiten „schwarz“ durchzuführen, das heißt H führt weder Steuern noch Sozialversicherungsbeiträge ab („Ohne-Rechnung-Abrede“). H weiß zwar, dass er hiermit gegen das Verbot der Schwarzarbeit verstößt, denkt aber gleichwohl, der Vertrag mit K sei wirksam. Als H nach Fertigstellung seinen Lohn fordert, verweigert K die Zahlung.
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Einordnung des Falls
Ausschluss nach § 817 S. 2 BGB: Schwarzarbeiterfall
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. H hat gegen K einen Anspruch auf Zahlung aus dem Werkvertrag (§ 631 Abs. 1 BGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. K hat „etwas erlangt" (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
Ja, in der Tat!
3. K hat die Handwerksleistung „durch Leistung“ des H erlangt (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
Ja!
4. H hat die Leistung an K „ohne rechtlichen Grund“ (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB) erbracht.
Genau, so ist das!
5. Die Voraussetzungen des Ausschlussgrunds des § 817 S. 2 BGB liegen vor (Gesetzesverstoß).
Ja, in der Tat!
6. Der Wertersatzanspruch ist ausgeschlossen, wenn die Voraussetzungen des § 817 S. 2 BGB vorliegen.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Robitobbi
5.1.2021, 15:30:29
Es würde sich doch anbieten, hier noch auf die früher von der Rspr. vertretene Korrektur über 242 einzugehen.
Lukas_Mengestu
29.11.2021, 15:07:29
Danke Robitobbi, das haben wir nun als Vertiefung mit aufgenommen :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
jomolino
24.1.2022, 15:53:09
Und vielleicht noch als Hinweis dazu ergänzen, dass nach heutiger Ansicht der Nachteil des Werkunternehmers dadurch ausgeglichen ist, dass der Besteller ja gerade auch keine Gewährleistungsrechte hat.
Antonia:
2.12.2021, 09:16:29
Müsste hier nicht § 817 S.1 BGB als speziellere Kondiktion vor § 812 I 1 1. Alt. BGB geprüft werden, wenn man genau sein will?
Lukas_Mengestu
2.12.2021, 11:39:35
Hallo Antonia, vielen Dank für Deine Frage. Das genaue Verhältnis zwischen § 817 S. 1 BGB und § 812 Abs. 1 S. 1 BGB ist recht umstritten. Ein Vorrang wird § 817 S. 1 BGB aber von der hM nicht eingeräumt und teilweise wird sogar bestritten, dass für die Normierung des § 817 S. 1 BGB überhaupt ein sinnvoller Anwendungsbereich besteht(vgl. Schwab, in: MüKo-BGB, 8.A. 2020, § 817 RdNr. 4, 5 BGB mwN). So solle § 817 S. 1 BGB nur dann zum tragen kommen, wenn der Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB wegen §§ 814,
815 BGBausgeschlossen sei oder die Sitten- oder Gesetzeswidrigkeit nicht zur Nichtigkeit des Kausalgeschäfts führt. (vgl. Wendehorst, in: BeckOK BGB, 60.Ed. 1.11.2021, § 817 RdNr. 6 mwN; Stadler, in: Jauernig-BGB, 18.A.2021, § 817 RdNr. 1 ff). Ein Vorrang des § 817 S. 1 BGB gegenüber § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB wird insoweit überwiegend abgelehnt, sodass man in den Fällen in denen die Voraussetzungen der
condictio indebiti(§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB) vorliegen, den Anspruch direkt darauf stützen kann. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
🔥1312🔥
9.3.2023, 08:33:30
Würde hier aber dann § 812 I 2 Alt. 2 greifen so wie in dem Fall mit dem Vertrag über das Grundstück, bei dem ein niedriger Preis notariell beurkundet wurde um Geld zu sparen?
Magnum
7.8.2024, 14:40:46
"Der Anspruch scheitert in aller Regel schon deshalb, weil die für § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB erforderliche Zweckvereinbarung aufgrund des Verstoßes gegen das Schwarzarbeitergesetzes nichtig ist. Der Hauptzweck der Leistung ist nämlich verboten." (ZJS 02/2015, 148, 150)
Raphaeljura
13.9.2023, 05:36:17
Ist schon eine spannende Sache. Wenn man davon ausgeht, dass solche Schwarzarbeiten verbreitet sind, dann kann der Auftraggeber nach Beendigung des Werks sich immer einen schlanken Fuß machen. Insofern liegt das Risiko überwiegend beim Arbeitenden. Wobei natürlich dem Auftraggeber auch keine etwaige Schadensersatzansprüche zustehen.
Richter Alexander Hold
20.11.2023, 18:38:52
Deswegen verlangen Schwarzarbeiter meist Vorkasse, habe ich gehört…
hagenhubl
6.5.2024, 12:48:40
Aber dann trägt der Auftraggeber das Risiko, dass der Schwarzarbeiter das Geld kassiert und dann nicht arbeitet. Dem BGH ist mit der Entscheidung ein Glücksgriff gelungen. Der Vorleistende muss auf die Ganovenehrlichkeit des anderen Teils vertrauen und muss sonst umsonst leisten. Besser kann man die Schwarzarbeit nicht bekämpfen. Das war sogar mein erster Gedanke als ich als Ersti von dem Problem das erste Mal hörte. Auch mein Repetitor für das erste Examen begrüßte die Entscheidung.