+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Arbeitnehmer T ist genauso wie seine Kollegen mit den Arbeitsbedingungen unzufrieden, da ihnen ihr Chef O keine Urlaubstage genehmigt und auch eine höhere Bezahlung verweigert. Nach vorheriger Ankündigung durch die Gewerkschaft entschließen sie sich die Arbeit für einige Stunden niederzulegen. Durch Ts Arbeitsniederlegung verliert O einen Kunden. Sollte O nicht mehr Lohn zahlen, drohen T und seine Kollegen mit weiteren Streiks.

Einordnung des Falls

Arbeitskampfmaßnahmen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Ankündigung des T mit weiteren Streiks stellt eine Drohung mit einem empfindlichen Übel dar (§ 240 Abs. 1 Var. 2 StGB).

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Ja!

Drohung ist das ausdrückliche oder konkludente Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf das der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt. Übel ist jede vom Betroffenen als nachteilig empfundene Veränderung der Außenwelt. Empfindlich ist ein Übel, wenn es bei objektiver Beurteilung und der Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Betroffenen geeignet ist, einen besonnenen Menschen zu dem mit der Drohung erstrebten Verhalten zu bestimmen. T kündigt noch weitere Arbeitsniederlegungen an für die Zukunft an. Diese Verhalten stellt aus Sicht des Adressaten O eine Drohung mit einem empfindlichen Übel dar.

2. Die Drohung seitens des T ist auch verwerflich (§ 240 Abs. 2 StGB).

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Nein, das ist nicht der Fall!

Verwerflich ist eine Verhaltensweise, wenn die Gewaltanwendung oder die Drohung zu dem beabsichtigten Zweck in einem auffallenden Missverhältnis stehen. Dabei muss das Missverhältnis derart auffällig sein, dass die Verhaltensweise als sozialethisch missbilligenswert anzusehen ist, d.h. von einem verständigen Dritten als sozial unerträglich, als strafwürdiges Unrecht empfunden wird. Die Nötigung durch einen Streik ist dabei nicht als verwerflich anzusehen, wenn sie sich noch in den Grenzen des Arbeitskampfes bewegt, also sich zum Anlass des Arbeitskampfes nicht als unverhältnismäßig darstellt. T legt die Arbeit nieder, um bessere Arbeitsbedingungen zu erreichen. Dieses Mittel steht nicht außer Verhältnis zum Zweck, den er dadurch erreichen möchte. Vielmehr garantiert gerade die Verfassung in Art. 9 Abs. 3 GG das Recht zu solchen Maßnahmen.

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