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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

In der Betriebsversammlung teilt Arbeitgeber O den Mitarbeitern mit, dass ein Rotationsmodell, das wechselnde Arbeitspositionen innerhalb des Betriebes vorsieht, geplant ist. Mitarbeiter T möchte an seiner "Stammposition" bleiben. Er teilt O mit, er werde häufiger "krank" sein, wenn auch er von der Rotation betroffen ist.

Einordnung des Falls

Nötigung mit Krankmeldung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. In der Ankündigung des T, in Zukunft häufiger krank zu sein, liegt eine Drohung mit einem empfindlichen Übel (§ 240 Abs. 1 Var. 2 StGB).

Genau, so ist das!

Drohung ist das ausdrückliche oder konkludente Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf das der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt. Übel ist jede vom Betroffenen als nachteilig empfundene Veränderung der Außenwelt. Empfindlich ist ein Übel, wenn es bei objektiver Beurteilung und der Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Betroffenen geeignet ist, einen besonnenen Menschen zu dem mit der Drohung erstrebten Verhalten zu bestimmen. T versetzt den O in die Lage, faktisch nicht von seinem ihm zustehenden Direktionsrecht (§ 106 GewO) Gebrauch machen zu können. Falls er dies doch tun sollte, werde T krank sein. Das bedeutet, dass O seinen Arbeitnehmer trotzdem weiter vergüten muss, jedoch seine Arbeitskraft nicht zur Verfügung hat.

2. Die Handlung seitens des T ist auch als verwerflich anzusehen (§ 240 Abs. 2 StGB).

Ja, in der Tat!

Die Nötigung durch einen Streik ist grundsätzlich nicht als verwerflich anzusehen, wenn sie sich noch in den Grenzen des Arbeitskampfes bewegt, also sich zum Anlass des Arbeitskampfes nicht als unverhältnismäßig darstellt. Hier ist bereits das Nötigungsmittel, die zukünftige Krankmeldung, als missbilligenswert anzusehen, da der Arbeitgeber in gesetzlich legitimierter Weise von seinem Direktionsrecht Gebrauch machen soll. Es ergibt im Hinblick auf die Klausurvorbereitung im Bereich der Nötigung Sinn, die arbeitsrechtlichen Grundzüge verinnerlicht zu haben. Das ermöglicht Argumentationsstoff.

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Gero1

Gero1

20.6.2021, 15:07:08

Ich verstehe nicht, wieso die Aussage des Arbeitnehmers als Drohung durchgeht. Der Arbeitgeber kann dem doch ganz locker in besonnener Weise standhalten, indem er ihn - sollte der AN seine Aussage wahr machen - kündigt.

GI

GingerCharme

7.9.2021, 14:50:04

Ich würde dem entgegenhalten wollen, dass es nicht darauf ankommen kann, ob und mit welchen Maßnahmen "das Opfer einer Drohung", die Konsequenzen der Realisierung des Drohinhalts revidieren kann. Sprich bin ich Kampfsportler und mir wird mit Gewalt gedroht, dann werde ich trotzdem bedroht, auch wenn ich den Täter ganz leicht überwältigen könnte und muss mir nicht entgegenhalten lassen, dass ich jawohl als Kampfsportler besonnen einem Angriff entgegen sehen muss. Vielleicht irre ich auch und es ist auf das Subjekt des Opfers derart einzugehen. Daneben wäre das mit der Kündigung aber ja auch nicht unbedingt so leicht - wurde mündlich gedroht? Dann hat der AG keine Beweise vorzulegen, die bezeugen, dass der AN nur wegen der Rotation "krank feiert", der AN jedoch hätte zunächst das Ärztliche Attest auf seiner Seite, welches zumindest in der Theorie nur ausgestellt werden sollte, wenn auch eine Erkrankung vorliegt (auch wenn das in der Praxis natürlich nicht immer der Fall ist), weshalb diesem erstmal nachgewiesen werden müsste, dass die AU "ergaunert" worden ist.


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