Klagebefugnis bei Verpflichtungsklage: Anspruch aus einem Grundrecht: Selbstbindung der Verwaltung 1
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Landesministerium L bewilligt Corona-Hilfen auf Grundlage des Landeshaushaltsplans und verwaltungsinterner Richtlinien. Die ersten 12 Anträge wurden bewilligt. U, die die Voraussetzungen erfüllt, ist die 13. Antragstellerin. Der abergläubische Sachbearbeiter verweigert U die Hilfen.
Einordnung des Falls
Klagebefugnis bei Verpflichtungsklage: Anspruch aus einem Grundrecht: Selbstbindung der Verwaltung 1
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. U erhebt Klage. Sie will, dass die Behörde verpflichtet wird, ihr die versagten Corona-Hilfen zu gewähren. Statthaft ist die Anfechtungsklage.
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Nein!
2. U ist klagebefugt, wenn möglicherweise ein Anspruch auf Gewährung der Corona-Hilfen besteht.
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Genau, so ist das!
3. Wenn die Gewährung der Hilfen unter den Vorbehalt des Gesetzes fällt und L ohne gesetzliche Grundlage handelt, ist dies rechtswidrig. Dann würden keine Ansprüche auf Gewährung der Prämien bestehen.
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Ja, in der Tat!
4. Die Gewährung von Leistungen fällt nach h.M. unter den Vorbehalt des Gesetzes. Mangels gesetzlicher Grundlage hat U daher keinen Anspruch auf Zahlung.
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Nein!
5. U könnte einen Anspruch auf Gewährung der Corona-Hilfen aus dem Haushaltsplan haben.
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Nein, das ist nicht der Fall!
6. U hat möglicherweise einen Anspruch auf Gewährung der Corona-Hilfen aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. der Verwaltungspraxis.
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Ja, in der Tat!
Fundstellen
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GO
17.9.2023, 18:24:09
Habe ich das so richtig verstanden, dass man immer dann einen Anspruch aus Art.3 I GG iVm der Selbstbindung der Verwaltung prüft, wenn keine andere gesetzliche Grundlage für einen Anspruch besteht? Hierzu hatte ich mal einen Fall aus der ZJS bearbeitet, wonach für einen Anspruch auf Aufhebung der Sperrung bzw. Freischaltung des Accounts einer Fan-Page eines öffentlich-rechtlichen Rundfunkbetreibers (ZDF) der Art.3 I GG iVm der Selbstbindung der Verwaltung geprüft wurde.

Sambajamba10
28.11.2023, 18:48:29
Hey, das ist meines Erachtens nicht richtig. Man prüft die Selbstbindung der Verwaltung ja nur, wenn es einen Anlass dazu gibt. Also wenn die Verwaltung eben in gleichgelagerten Fällen rechtmäßig immer auf die gleiche Weise entscheidet. In allen Fallgestaltungen pauschal darauf zurückzugreifen, ergäbe demnach für mich keinen Sinn. Zudem vermengst du möglicherweise verschiedene Bereiche miteinander. Hier folgt ja der Anspruch nicht gerade daraus, dass es keine sonstigen (gesetzlichen) Anspruchsgrundlagen für das Begehren des U gibt (auch wenn das hier zumindest der Fall ist), sondern aus dem Grund, dass die Leistungsverwaltung selbst ohne formell-materielle Gesetzesgrundlage begünstigend tätig wird. So sind aber einige Fälle denkbar, wo der Kläger neben einer gesetzlichen AGL zumindest theoretisch auch auf Art. 3 I iVm der Verwaltungspraxis abstellen könnte, um sein Begehren zu verfolgen.
GO
30.11.2023, 12:10:54
Stimmt! Du hast Recht, dass es es sich bei meiner Frage um zwei verschiedene Konstellationen handelt. Aber in dem Fall aus der ZJS wurde eben gerade keine andere AGL angesprochen. Oder hätte man sich hier auch auf den allgemeinen Anspruch auf den Zugang zu einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung nach §10 GemO BW stützen können? Ich glaube, dass mich das dann verwirrt hat..