Klagebefugnis bei Verpflichtungsklage: Anspruch aus einem Grundrecht: Art. 3 Abs. 1 GG (Selbstbindung der Verwaltung 2)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Ministerium M gewährt nach seinem Haushaltsplan und Verwaltungsrichtlinien Prämien, wenn Eigentümer mindestens 5 Hektar Land verpachten. P beantragt eine Subvention für 4,5 Hektar. M lehnt die Subvention ab. M hat schon viele Subventionen an Verpächter von 4,5 Hektar bewilligt.
Einordnung des Falls
Klagebefugnis bei Verpflichtungsklage: Anspruch aus einem Grundrecht: Art. 3 Abs. 1 GG (Selbstbindung der Verwaltung 2)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. P erhebt die statthafte Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) auf Bewilligung der Prämie. P ist klagebefugt, wenn möglicherweise ein Anspruch auf Gewährung der Prämie besteht.
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Ja!
2. Wenn die Gewährung der Prämie unter den Vorbehalt des Gesetzes fällt und M ohne gesetzliche Grundlage handelt, ist dies rechtswidrig. Dann würden keine Ansprüche auf Gewährung der Prämien bestehen.
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Genau, so ist das!
3. Die Gewährung von Leistungen fällt nach h.M. unter den Vorbehalt des Gesetzes. Mangels gesetzlicher Grundlage hat P daher keinen Anspruch auf Zahlung.
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Nein, das trifft nicht zu!
4. P könnte einen Anspruch auf Gewährung der Prämie aus dem Haushaltsplan haben.
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Nein!
5. P hat möglicherweise einen Anspruch auf Gewährung der Prämie aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. der Verwaltungspraxis.
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Genau, so ist das!
6. P erfüllt nicht die Vorgaben, weil sie nur 4,5 Hektar Land verpachtet. Ein Anspruch aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. der Verwaltungspraxis ist damit offensichtlich ausgeschlossen.
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Nein, das trifft nicht zu!
Fundstellen
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Kate
11.11.2021, 10:37:13
Hallo, wie genau prüft man den möglichen Anspruch aus Art. 3 I GG i.V.m. der Verwaltungspraxis dann in der Begründetheit der Klage?
Victor
12.11.2021, 09:44:27
Hey, hier meine Herangehensweise, die auf jeden Fall nicht zwingend bzw. verbindlich ist. Zuerst würde ich den möglichen Anspruch herleiten. Dabei würde ich auf den Gleichheitsgrundsatz eingehen. Das die Behörde grundsätzlich Ermessen hat. Es aber gerade im Hinblick auf Art. 3 GG Ausnahmen gibt. Dann würde ich prüfen, ob allgemein eine gewisse Verwaltungspraxis gilt und die Behörde sich selbst bindet. Schließlich würde ich prüfen, ob der Anspruchsinhaber auch von dieser Praxis erfasst ist.

Juraluchs
2.9.2022, 11:30:55
Wenn der Haushaltsplan 5 Hektar zur Voraussetzung macht, müsste doch in Abhängigkeit von dessen Rechtsnatur ein Verstoß gegen den Vorrang des Gesetzes vorliegen und damit die Berufung auf Art. 3 I GG scheitern (keine Gleichheit im Unrecht). Nur ein spontaner Gedanke. Das Problem gäbe es natürlich nicht, wenn die Voraussetzung schlicht aus den Verwaltungsrichtlinien hervorgeht.

Nora Mommsen
8.9.2022, 14:06:11
Hallo Juraluchs, du hast Recht, dass die Vergabe an Eigentümer, die die Kriterien nicht erfüllen, dann rechtswidrig wäre. Allerdings lässt sich aus dem Haushaltsgesetz mangels Außenwirkung kein Anspruch herleiten. Auch die Anfechtung der anderen Verwaltungsakte wäre mangels drittschützender Norm ausgeschlossen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team