Nichtigkeit nach § 44 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A will ein besonderes Glücksspiel gewerblich betreiben. Das gewerbliche Betreiben dieses Glücksspiels ist gesetzlich untersagt und strafbar. Auf Antrag erteilt die zuständige Behörde B der A dennoch eine Erlaubnis, das Spiel gewerblich zu betreiben. A möchte sicher wissen, ob diese Erlaubnis wirksam ist.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Nichtigkeit nach § 44 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Erlaubnis verstößt gegen materielles Recht und ist damit rechtswidrig.

Genau, so ist das!

Der Inhalt eines Verwaltungsakts (in Abgrenzung zu seinem Zustandekommen) ist rechtswidrig, wenn er gegen eine Vorschrift des materiellen Rechts verstößt. Einschlägig können Rechtsverordnungen, formelle Gesetze, Verfassungsrecht und Unionsrecht sein. Es gibt ein formelles Gesetz, welches es untersagt, die von A gewünschte Art des Glücksspiels zu betreiben. Der Verwaltungsakt, der es A gestattet, dieses Glücksspiel zu betreiben, verstößt damit gegen das Verbotsgesetz. Der Verwaltungsakt ist materiell rechtswidrig.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann grundsätzlich keine Wirkung zu Gunsten der A entfalten.

Nein, das trifft nicht zu!

Auch rechtswidrige Verwaltungsakte sind grundsätzlich wirksam und entfalten daher die vorgesehene Regelungswirkung (Umkehrschluss aus § 43 Abs. 2 VwVfG). Rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte wirken daher so lange zu Gunsten des Adressaten, bis die Behörde den Verwaltungsakt aufhebt (§§ 48 VwVfG). Etwas anderes gilt, wenn der Fehler des Verwaltungsakts so schwerwiegend ist, dass er nicht nur rechtswidrig, sondern vielmehr nichtig ist. Dann entfaltet er von Anfang an keine Regelungswirkung. Der Adressat kann die Begünstigung nicht auf Grundlage des unwirksamen Verwaltungsakts verlangen. Allein aus der Rechtswidrigkeit der Erlaubnis folgt noch nicht, dass A das Glücksspiel nicht auf Grundlage der erteilten Erlaubnis betreiben kann. Vielmehr müsste die Erlaubnis nichtig sein. Die materielle Rechtswidrigkeit wird hier nur zum systematischen Verständnis geprüft. In der Klausur kannst du in der Regel direkt die Nichtigkeit diskutieren, wenn diese sich aufdrängt.

3. Es kommt lediglich eine Nichtigkeit nach § 44 Abs. 1 VwVfG in Betracht.

Nein!

Auf § 44 Abs. 1 VwVfG ist nur dann zurückzugreifen, wenn kein spezieller Nichtigkeitsgrund aus § 44 Abs. 2 VwVfG einschlägig ist. Nach § 44 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG ist ein Verwaltungsakt nichtig, wenn er die Begehung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verlangt. Dabei kommt es nur auf die Erfüllung des objektiven Tatbestands einer Norm und die Rechtswidrigkeit des Handelns an. Der Begriff des Verlangens umfasst ausdrücklich den Fall, in dem der Verwaltungsakt den Adressaten zu einem rechtswidrigen Verhalten verpflichtet. In diesen Fällen soll aufgrund der Einheitlichkeit der Rechtsordnung der Verwaltungsakt von Anfang an keine Wirkung entfalten. Dasselbe muss aber gelten, wenn der Verwaltungsakt die Begehung einer entsprechenden Tat erfordert oder „erlaubt“, zumindest dann, wenn die Rechtswidrigkeit der Gestattung offensichtlich ist. Um die Erlaubnis nutzen zu können, müsste A eine Ordnungswidrigkeit begehen. Dies ist im Sinne der Einheit der Rechtsordnung nicht tragbar. Die Erlaubnis ist nichtig.Klausurfälle mit § 44 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG sind äußerst selten.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

Jurafuchs kostenlos testen


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

JC1909

jc1909

5.1.2023, 13:51:14

Nach § 284 StGB ist das Veranstalten eines Glücksspiels doch nur ohne behördliche Erlaubnis strafbar?

CAN

cann1311

5.1.2023, 19:18:56

Geht hier auch nicht ums StGB sondern GlückspielG oder so wo das wahrscheinlich extra geregelt ist.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

11.1.2023, 13:21:07

Hallo jc1909, danke für deine Rückmeldung. Du hast absolut Recht - das Betreiben eines Glücksspiels ohne Erlaubnis ist strafbar und nicht nur eine Ordnungswidrigkeit (§ 284 StGB). In dieser Aufgabe geht es aber gar nicht direkt um die Strafbarkeit, sondern wie cann1311 angemerkt hat, um die Wirksamkeit der Erlaubnis, die die Strafbarkeit entfallen lässt. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

ABI

Abi

16.2.2023, 11:45:53

Die Voraussetzung der Nichtigkeit gem. 44 Abs. 2 Nr. 5 VwVfg setzt eine rechtswidrige Tat voraus. Die Behörde hat die Erlaubnis erteilt, sodass eine Strafbarkeit nach 284 Abs. 1 StGB ausscheidet. Fraglich ist aber, ob die Erlaubnis - unterstellt sie wäre rechtswidrig - für eine Strafbarkeit gem. 284 Abs. 1 StGB genügt, sodass dies die Nichtigkeit nach 44 Abs. Nr. 5 VwVfg zur Folge hätte. Ich denke nicht! '.

ASA

asanzseg

5.4.2023, 17:53:29

@[

Nora Mommsen

](178057) also hier wurde wohl wirklich alles durcheinander geworfen. Der Fall ist folgendermaßen konstelliert dass konkret DIESES von dem Adressaten durchgeführte Glücksspiel gänzlich verboten ist. D.h. Im Rahmen der Prüfung ob es grundsätzlich verboten ist ein Glücksspiel zu betreiben ist auf das Glücksspielgesetz und den Erlaubnisvorbehalt einzugehen. Und dann konkret zu gucken ist das vom Adressaten gewollte Glücksspielbetreiben von der Erlaubnis betroffen, wenn nein dann ist das Betreiben dieses konkreten Glücksspiels gänzlich gewerblich verboten und erfüllt den Straftatbestand des §284 StGB. Dadurch dass der VA konkret dieses Betreiben ermöglichen soll (Wille der Behörde zum Betreiben des verbotenen Glücksspiels) schlägt hier der §44 II Nr.4 VwVfG ein. (Wenn meine Ausführungen bzw. Mein Verständnis des Falles nicht richtig sein sollten, dann müsste man den Fall konkreter machen weil sonst macht weder die Fallfrage noch die Ausführungen keinen Sinn). Das heisst deine Antwort Nora ist einfach nicht richtig. Die Wirksamkeit der Erlaubnis würde die Strafbarkeit nicht entfallen lassen. Bei §44 II Nr.4 VwVfG geht es gerade darum ob die materielle Rechtswidrigkeit des VA zur Nichtigkeit und demnach zur Unwirksamkeit führt (also keine Regelungswirkung entfaltet). Dies ist immer dann der Fall, wenn erst durch die Ausübung der im VA erlaubten Handlung die Strafbarkeit begründet wird!! Und nicht wie es in deiner Antwort steht entfallen lässt. Das steht auch in eurer Lösung, es kommt darauf an dass der

Verwaltungsakt

das rechtswidrige Handeln „verlangt!“. Diese Fälle gibt es auch aber die sind hier gerade nicht von §44 II Nr.4 VwVfG erfasst, weil durch die Erlaubnis die entfällt., und nicht wie hier begründet wird.

CAN

cann1311

5.4.2023, 21:28:04

Nein ihr lest alle nicht richtig, das geplante Glücksspiel ist KOMPLETT Verboten dh selbst mit VA bekommst du keine Rechtmäßigkeit hin! Der VA, die Erlaubnis das Glücksspiel zu betreiben, würde quasi die Strafbarkeit des Betreibers wollen und das geht nicht deshalb nichtig


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community