Zivilrecht

Schadensrecht

Haftungsbeschränkungen

Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten im Straßenverkehr

Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten im Straßenverkehr

21. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Eheleute F und M möchten einen Ausflug mit dem Auto der F ins Grüne machen. M liebt es, auf leeren Landstraßen Schlangenlinien zufahren, um seine Fahrkünste unter Beweis zu stellen. An diesem Tag gerät er ins Schleudern. Das Fahrzeug der F prallt gegen einen Baum und das Auto der F wird beschädigt.

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Einordnung des Falls

Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten im Straßenverkehr

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem M Schlangenlinien fuhr und das Fahrzeug gegen einen Baum fuhr, hat M das Eigentum der F verletzt. (§ 823 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Eine Eigentumsverletzung ist (1) die Einwirkung auf die Sachsubstanz, (2) die Entziehung oder (3) Vorenthaltung der Sache oder (4) eine schwerwiegende Beeinträchtigungen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs der Sache. Hier wurde das Auto beschädigt, das Eigentum der F wurde verletzt. Die Verletzungshandlung des M war auch kausal für den Schaden.
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2. Da M auch sonst Schlangenlinien fährt und er gegenüber M nur für eigenübliche Sorgfalt haftet (§§ 1359, 277 BGB), trifft ihn kein Verschulden.

Nein, das trifft nicht zu!

Ein Verschulden liegt grundsätzlich vor, wenn der Schädiger vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat (§ 276 Abs. 1 BGB). Hier hat M leicht fahrlässig gehandelt. Fraglich ist, ob zugunsten des M der Haftungsmaßstab des §§ §§ 1359, 277 BGB gilt, da er auch sonst gerne Schlangenlinien auf leeren Landstraßen fährt. Nach h.M. sind §§ 1359, 277 BGB nicht anwendbar, wenn die Ehegatten gemeinsam am Straßenverkehr teilnehmen. Die Straßenverkehrsregeln ließen keinen Raum für individuelle Sorglosigkeit, und niemand dürfe sich darauf berufen, er würde sie für gewöhnlich verletzen. Dem geschädigten Ehegatten können auf diese Weise bei Personenschäden auch Ersatzansprüche gegen den KfZ-Haftpflichtversicherer erhalten bleiben (sofern der Schädiger mitversichert ist). Nach a.A. (Medicus) sollen §§ 1359, 277 BGB im Straßenverkehr nur dann nicht greifen, wenn die Privilegierung nur der Versicherung des M zugute kommt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

AN

Ange

4.4.2022, 20:40:30

Welche Versicherung des Ehemanns sollte denn hier greifen? Versichert ist doch stets das Fahrzeug und nicht der Fahrzeugführer. Laut SV handelt es sich doch um das Auto der F ? Oder sind Halter und Versicherungsnehmer unterschiedlich? Denn wenn F Halter und VN ist, haftet auch nicht eine etwaige KFZ-Versicherung oder PHV des Ehemanns. Hier könnte die Ehefrau sofern Sie eine Vollkaskoversicherung besitzt, diese in Anspruch nehmen oder Ihren Mann auf Ersatz verklagen.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

5.4.2022, 20:08:18

Hallo Ange, grundsätzlich hast Du recht, dass Sachschäden am versicherten Fahrzeug nur durch eine Vollkaskoversicherung abgedeckt werden. Hier bestehen nur dann Ansprüche, wenn der andere Fahrer mitversichert wurde (gegen entsprechenden Aufpreis). Etwas anders ist dies, wenn dem Halter ein Personenschaden entsteht. Hierfür kommt die KfZ-Haftpflichtversicherung selbst dann auf, wenn der Fahrer nicht mitversichert wurde (allerdings muss der Halter dann den Fahrer rückwirkend nachversichern oder ggfs. auch eine Vertragsstrafe zahlen). Vorliegend liegen also in der Tat keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Versicherer eintritt, weswegen allein ein deliktischer Anspruch gegen den Ehemann in Betracht kommt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

TH

Thomfred01

26.9.2022, 15:27:11

Finde aus dem Sachverhalt geht eher hervor, dass das Schlangenlinienfahren auch auf leeren Straßen offensichtlich ein grob fahrlässiges Verhalten darstellt, die Fragestellung daher auf § 277 BGB abzielt und er deswegen haftet 😅

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

26.9.2022, 19:05:11

Hallo Thomfred01, das lässt sich natürlich ebenfalls gut vertreten. Die Aufgabe soll aber vor allem verdeutlichen, dass es auf die Abgrenzung Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten/grobe Fahrlässigkeit nicht ankommt, da der eingeschränkte Sorgfaltsmaßstab ohnehin nicht greift und die Haftung bereits für fahrlässiges Verhalten besteht :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

DIAA

Diaa

6.8.2023, 11:30:11

FYI, bei der 2ten Frage des letzten Falles sollte es heißen "....gegenüber F....".

TO

TomBombadil

2.1.2024, 19:06:38

In einer vorherigen Aufgabe hieß es, dass die Haftung nur bei bestehender Ehe und im häuslichen Umfeld greife. Wie ist der Begriff des häuslichen Umfelds zu verstehen? (Mehr oder minder "in der Wohnung" kann es ja nicht bedeuten, wenn es dieses Begründungsaufwands bedarf, um die

Haftungsprivilegierung

"zu umgehen".)

0815jurafuchs

0815jurafuchs

24.3.2024, 18:19:09

Ich würde hier mit dem Zweck der

Haftungsprivilegierung

aus

1359 BGB

argumentieren, wonach dieser der Wahrung oder zumindest Förderung des Ehefriedens dienen soll. Entsprechend wäre m. E.

1359 BGB

überall dort anzuwenden, wo der eine die

Rechtsgüter

des anderen Ehepartners verletzt unabhängig von dem Ort, wo die

Verletzungshandlung

stattfand.


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