Integritätszuschlag
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Vandalist V demoliert mit einem Baseballschläger den VW Lupo des jungen Proberichters R. R fährt den VW seit seinen Studienzeiten und hat ihn sehr lieb gewonnen. Auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens beträgt der Reparaturaufwand €5.000 brutto, der Wiederbeschaffungsaufwand €3000 und der Wiederbeschaffungswert €4.000. R lässt den VW reparieren und benutzt ihn weitere 3 Jahre.
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Einordnung des Falls
Integritätszuschlag
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ein Geschädigter kann im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB bei Sachbeschädigungen entweder die Kosten für eine Reparatur oder die Kosten für eine Ersatzbeschaffung verlangen.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Im Rahmen von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB werden grundsätzlich nur die „erforderlichen“ Herstellungskosten ersetzt.
Ja!
3. Bei den Alternativen Reparatur und Wiederbeschaffung gilt das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht, sodass der Geschädigte stets die freie Wahl hat.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Weil die Reparaturkosten die Ersatzbeschaffung übersteigen, kann R nur die Kosten für eine Ersatzbeschaffung verlangen.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Rechtsanwalt B. Trüger
15.4.2024, 10:40:34
Das gilt ja nur bei Autos oder nicht? Vielleicht könnte man im ersten Satz des Erklärungstexts „Sache“ mit z.B. Fahrzeug tauschen, um dies nochmal hervorhebend klarzustellen
Nora Mommsen
9.5.2024, 10:55:34
Hallo Rechtsanwalt B.Trüger, danke für deine Anmerkung! In der Tat ist die 130 % Rechtsprechung nur auf PKW anwendbar. Wir ergänzen das. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Falsus Prokuristor
6.5.2024, 15:30:06
In der letztem Fragen wird offenbar der falsche Begriff verwendet. Die Reperaturkosten spielen für die Beurteilung keine Rolle und sind im Fall genannt (nur dee Aufwand einschließlich merkantilem Minderwert). Zum Verständnis wäre es super, wenn ihr das anpassen würdet.
Falsus Prokuristor
6.5.2024, 21:56:29
Korrektur: Letzten* Reparatur* und im Sachverhalt NICHT genannt, meine ich natürlich
Nora Mommsen
9.5.2024, 10:52:10
Hallo Falsus Prokuristor, vielen Dank für deine Rückmeldung! Tatsächlich ist die Nennung der Reparaturkosten richtig. Wenn der Reparaturaufwand mehr als 100 % des Wiederbeschaffungswertes beträgt, kann der Geschädigte bis zu einem Wert von 130 % des Wiederbeschaffungswerts die Reparaturkosten (!) aber eben nicht mehr den Reparaturaufwand verlangen. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Falsus Prokuristor
23.5.2024, 23:38:45
Hallo Nora, danke für deine Antwort. Ich habe die Thematik rund um die erforderlichen Kosten zur Naturalrestitution bei beschädigten Kfz so verstanden, dass die beiden Möglichkeiten der Wiederherstellung Reparatur oder Ersatzbeschaffung sind. Insofern werden der Wiederbeschaffungaufwand und der Reparaturaufwand miteinander verglichen, natürlich mit der Besonderheit, dass bis zu 130 % Reparaturaufwand für den Schädiger hinzunehmen sind. Das bedeutet doch, dass diese beiden Werte miteinander verglichen werden und eben nicht Reparaturkosten und Reparaturaufwand. Oder habe ich deine letzte Antwort da falsch verstanden? Und darauf zielte auch meine ursprüngliche Frage ab: Der Sachverhalt gibt nur Auskunft über den Reparaturaufwand (und gar nicht über die Kosten, weil man den merkantilen Minderwert hier nicht genannt bekommt), was aber auch ausreichend ist, um die Frage zu beantworten. Allerdings spricht die letzte Frage und Antwort eben von Reparaturkosten, was ich sehr verwirrend fand und in meinen Augen ein Fehler ist.
Falsus Prokuristor
23.5.2024, 23:39:44
Hallo Nora, danke für deine Antwort. Ich habe die Thematik rund um die erforderlichen Kosten zur Naturalrestitution bei beschädigten Kfz so verstanden, dass die beiden Möglichkeiten der Wiederherstellung Reparatur oder Ersatzbeschaffung sind. Insofern werden der Wiederbeschaffungaufwand und der Reparaturaufwand miteinander verglichen, natürlich mit der Besonderheit, dass bis zu 130 % Reparaturaufwand für den Schädiger hinzunehmen sind. Das bedeutet doch, dass diese beiden Werte miteinander verglichen werden und eben nicht Reparaturkosten und Reparaturaufwand. Oder habe ich deine letzte Antwort da falsch verstanden? Und darauf zielte auch meine ursprüngliche Frage ab: Der Sachverhalt gibt nur Auskunft über den Reparaturaufwand (und gar nicht über die Kosten, weil man den merkantilen Minderwert hier nicht genannt bekommt), was aber auch ausreichend ist, um die Frage zu beantworten. Allerdings spricht die letzte Frage und Antwort eben von Reparaturkosten, was ich sehr verwirrend fand und in meinen Augen ein Fehler ist.
Falsus Prokuristor
23.5.2024, 23:43:53
Dieses Verständnis deckt sich auch mit dem Erklärungtext direkt nach der ersten Frage der Aufgabe: ERKLÄRUNG Nach dem BGH hat der Geschädigte bei der Beschädigung einer Sache zwei Möglichkeiten im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB: Er kann grundsätzlich die Kosten verlangen, die erforderlich sind für (1) die Reparatur der beschädigten Sache (zzgl. Kompensation für merkantilen Minderwert, § 251 BGB) oder (2) die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache (abzgl. des Restwerts der beschädigten Sache). Sowohl dieser (1) Reparaturaufwand als auch (2) Wiederbeschaffungsaufwand sind Formen der Naturalrestitution iSd § 249 BGB. BGH: Naturalrestitution bedeute nicht Wiederherstellung der beschädigten Sache, sondern allgemein die Herstellung des Zustands, der wirtschaftlich gesehen der ohne das Schadensereignis bestehenden Lage entspricht. Dieser Zustand sei sowohl durch eine Reparatur als auch durch eine Ersatzbeschaffung herstellbar. Das bedeutet also der Geschädigte erhält nicht nur die ReparaturKOSTEN, sondern zusätzlich auch den merkantilen Minderwert, also den ReparaturAUFWAND, falls die Grenze von 130 % nicht überschritten ist. Ich würde mich freuen, wenn sich das Missverständnis aufklären ließe!
Antonia
29.10.2024, 21:24:20
Worauf bezieht sich das Sachverständigengutachten? Muss es nur bestätigen, dass die Reparatur fachgerecht durchgeführt wurde?
Sebastian Schmitt
31.10.2024, 09:37:32
Hallo @Antonia, das Gutachten würden wir hier zur Frage der Schadenshöhe am Pkw einholen, das wäre auch unsere Beweisfrage iRe Zivilprozesses (vgl §§ 402 ff ZPO). Nach hM kann unser Geschädigter R den nach § 249 II 1 BGB erhaltenen Schadensersatz allerdings genau so gut für etwas völlig anderes ausgeben (statt vieler BeckOK-BGB/Flume, 71. Ed, Stand 1.5.2024, § 249 Rn 174). Ob er den Wagen also fachgerecht oder überhaupt reparieren lässt, spielt für unseren Fall keine Rolle, deshalb brauchen wir insoweit auch kein Sachverständigengutachten. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team