Grundfall
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Räuber R erschießt den verwitweten Familienvater V bei einem Banküberfall. Die 18-jährige Tochter T des V ist darüber dauerhaft zutiefst traurig.
Einordnung des Falls
Grundfall
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. V hatte dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch gegen R (§ 823 Abs. 1 BGB).
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Ja!
2. Da T seelisches Leid erleidet, kann sie einen eigenen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB gegenüber R geltend machen.
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Nein, das ist nicht der Fall!
3. Der Hinterbliebene eines Getöteten kann ausnahmsweise einen eigenen Schadensersatzanspruch infolge der Tötung haben.
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Ja, in der Tat!
4. Ein hypothetischer Deliktsanspruch liegt vor, weil der Getötete V einen Schadensersatzanspruch gegen R hätte (§ 823 Abs. 1 BGB).
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Ja!
5. Durch die unerlaubte Handlung des R ist V verstorben.
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Genau, so ist das!
6. T stand zum Zeitpunkt der Verletzung in einem Näheverhältnis zu V.
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Ja, in der Tat!
7. T hat seelisches Leid erlitten.
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Ja!
8. Als Rechtsfolge kann T Schmerzensgeld (§ 253 Abs. 2 BGB) von R verlangen.
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Nein, das ist nicht der Fall!
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iustus
6.7.2021, 20:04:01
Jetzt habe ich erstmal den Unterschied zwischen Schockschaden, 823, und Ersatz wegen Trauer begriffen. Danke. 😅

Lukas_Mengestu
6.7.2021, 20:39:39
Sehr schön! Wir helfen, wo wir können :D
L
8.1.2022, 16:02:18
Wieso kann der Anspruch aus § 823 I hier nicht vererbt werden?

Lukas_Mengestu
10.1.2022, 13:40:55
Hallo L, sofern V durch den Schuss ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist (zB Behandlungskosten, Schmerzensgeld...), so wäre dieser durchaus vererbbar. Dafür sind im Sachverhalt allerdings keine Anhaltspunkte ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass V direkt tot war. Dies stellt zwar eine Rechtsgutsverletzung dar (Leben, Körper, Gesundheit), aber es fehlt eben an einer ersatzfähigen, vererbbaren Schadensposition. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
L
10.1.2022, 13:48:48
Aber was bringt dann der § 823 I überhaupt in Bezug auf das Rechtsgut Leben? Dieses erfasst doch nur den Tod eines Menschen oder?

Lukas_Mengestu
11.1.2022, 09:52:43
Hallo L, die Antwort hierauf lautet letztlich: gar nichts. Mit Ausnahme der §§ 844 ff. BGB bleiben Eingriffe in das Rechtsgut Leben zivilrechtlich sanktionslos, was auch in der Literatur teilweise kritisiert wird (vgl. Förster, in: BeckOG-BGB, 60.Ed. 1.11.2021, § 823 RdNr. 106, Wagner, in: MüKo-BGB, 8.A. 2020, § 823 RdNr. 192 mwN). Der Schutz vor Beeinträchtigungen des Lebens wird insoweit primär durch die hohe strafrechtliche Sanktionierung erreicht. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team