+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

O bittet den T eindringlich, ihn durch Giftbeibringung sanft zu töten. T folgt der Bitte, die O mit freiem Willen getätigt hat. Allerdings vergiftet T den O nicht wie gewünscht, sondern erdrosselt ihn qualvoll.

Einordnung des Falls

Beschränkungen und Abweichungen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. O hat seine Tötung "ausdrücklich und ernstlich verlangt" (§ 216 Abs. 1 StGB).

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Ja!

Ein ausdrückliches und ernstliches Verlangen setzt mehr als ein bloßes Einverständnis voraus, denn der Getötete muss auf den Willen des Täters nachdrücklich eingewirkt haben. Ausdrücklich meint hierbei eine eindeutige und unmissverständliche Ausdrucksweise des Verlangens. Ernstlich ist ein Verlangen, wenn es auf freier und fehlerfreier Willensbildung beruht; es muss also frei von Täuschung, Zwang, Irrtum oder anderen wesentlichen Willensmängeln sein. O hat hier seine Tötung ausdrücklich und ernsthaft gegenüber T verlangt. Zudem hat er die Tötungsart in seinem Verlangen ausdrücklich bestimmt.

2. Obwohl T den O nicht wie verlangt durch Giftbeibringung getötet hat, ist der Tatbestand Tötung auf Verlangen (§ 216 Abs. 1 StGB) erfüllt.

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Nein, das ist nicht der Fall!

Das Tötungsverlangen muss noch zum Zeitpunkt der Tathandlung fortbestehen. Etwaige Bedingungen, an die das Verlangen geknüpft ist, müssen im Tatzeitpunkt vorliegen. Enthält es Einschränkungen bezüglich der gewünschten Tötungsweise, scheidet bei wesentlichen Abweichungen eine Strafbarkeit nach § 216 Abs. 1 StGB aus. Eine solche gravierende Abweichung ist in der Handlungsweise des T zu erblicken, denn O wünschte sich gerade einen sanften Tod und musste durch die tatsächlich verwirklichte Tötungsart qualvoll sterben.

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frausummer

frausummer

24.1.2022, 10:37:55

iE haben wir für T also eine Strafbarkeit nach §212, ggf. §211?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

24.1.2022, 12:31:01

Genau :-)

Isabell

Isabell

11.2.2022, 11:40:13

Hui. Spannende Beweisfragen 🧐

VI

Victor

12.2.2022, 05:48:23

Inwiefern? Denke hier würden in der Realität doch erhebliche Indizien für Mord/Totschlag sprechen: medizinisches Gutachten hinsichtlich Art der Verletzungen, man müsste etwas haben, wie zB einen Brief, dass der O sterben wollte und idR dann auch wie. Dann hat man die abweichende Ausführung. Zudem wäre auch eine Einlassung eindeutig. Andere Aussagen wären vermutlich offensichtlich als Schutzbehauptungen ersichtlich. Denke das wirkt auf den ersten Blick komplizierter als es im Nachhinein ist.

Jonas Neubert

Jonas Neubert

12.9.2023, 17:25:32

Nach dem Bild ist O weiblich und müsste dementsprechend grammatikalische Beachtung finden


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