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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A bittet den T eindringlich, ihn zu töten. T folgt der Entscheidung des A, die A mit freiem Willen getätigt hat, und erschießt A mit einem gezielten Schuss. Die Pistole hat der B dem T besorgt. Er wusste um die Tötung des A, jedoch war ihm das Tötungsverlangen des A völlig egal.

Einordnung des Falls

§ 28 StGB bei § 216 StGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem T den A erschossen hat, hat sich T wegen Tötung auf Verlangen (§ 216 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht.

Genau, so ist das!

Der Tatbestand des § 216 Abs. 1 StGB setzt voraus: (1) Objektiv muss (a) ein anderer Menschen getötet worden sein, (b) der Getötete muss ausdrücklich und ernstlich die Tötung verlangt haben und zudem muss (c) der Getötete den Täter zur Tötung bestimmt haben. (2) Subjektiv ist Vorsatz bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale erforderlich. Der Vorsatz muss somit auch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen umfassen. T hat den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 216 Abs. 1 StGB erfüllt.

2. Das Tötungsverlangen ist nach h.M. in der Literatur ein täterbezogenes Merkmal (§ 28 Abs. 2 StGB).

Ja, in der Tat!

Die h.M. in der Literatur sieht wegen der Mitleidsmotivation im Tötungsverlangen kein tatbezogenes, sondern ein täterbezogenes, strafmilderndes Merkmal und wendet dementsprechend § 28 Abs. 2 StGB an.

3. Das Tötungsverlangen ist nach der Rechtsprechung ein täterbezogenes Merkmal (§ 28 Abs. 1 StGB).

Ja!

Die Rechtsprechung sieht auch die Tötung auf Verlangen (§ 216 Abs. 1 StGB) als eigenständigen Tatbestand an. Im Merkmal "bestimmt" liegt ein strafbegründendes Merkmal vor. Folglich wendet die Rechtsprechung § 28 Abs. 1 StGB an.

4. B hat sich nach der Rechtsprechung der Beihilfe zur Tötung auf Verlangen (§§ 216 Abs. 1, 27 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht.

Genau, so ist das!

Richtig, denn die Rechtsprechung wendet § 28 Abs. 1 StGB an. Auch wenn das täterbezogene Merkmal bei B fehlt, so weiß er um das Tötungsverlangen und wird akzessorisch nach §§ 216 Abs. 1, 27 Abs. 1 StGB bestraft mit der obligatorischen Strafmilderung nach § 49 Abs. 1 StGB und der Strafmilderung aus § 27 Abs. 2 S. 2 StGB.

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JEN

Jenn_

22.8.2022, 14:59:21

Wie wäre B denn zu bestrafen, wenn er nicht das Tötungsverlangen des A kannte, sondern einfach nur wusste, dass T den A töten will? Lg :)

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

28.9.2022, 18:44:58

Hallo Jenn_, da der Versuch der Beihilfe straflos ist, kommt in dem von Dir gebildeten Beispiel nach der Rechtsprechung ebenfalls nur eine Beihilfe zur Tötung auf Verlangen in Betracht. Der Vorsatz zur Förderung eines Totschlags umfasst insoweit auch den Vorsatz eine Tötung auf Verlangen zu fördern. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

DAV

David

17.4.2023, 17:51:39

Und wie sieht es bzgl. Der Literaturmeinung aus? Hätte man dann §§ 212, 27 I StGB?

JURA

juravulpes

21.3.2024, 09:47:42

Sicher, dass hier doppelt gemildert wird? Es läuft nicht nur dem Sinn und Zweck des 28 Abs. 1 StGB zuwider, sondern widerspricht auch jedem Gerechtigkeitsgefühl, wenn der Teilnehmer in den Genuss einer Strafmilderung kommt, weil ihm ein privilegierendes Merkmal fehlt.

TI

Timurso

21.3.2024, 10:09:46

Einfach der Literatur folgen, dann muss man sich diese Fragen, die aus dem Quatsch der Rechtsprechung folgen, nicht stellen :P Ne aber etwas ernsthafter, sonst verbiegt sich die Rechtsprechung ja auch wie sie will (bspw. bei gekreuzten Mordmerkmalen), von daher kann ich mir sehr gut vorstellen, dass auch hier § 28 nicht angewendet würde.

TI

Timurso

21.3.2024, 10:24:39

Ein BGH-Urteil zu dieser Konstellation wäre mir aber nicht bekannt.

JURA

juravulpes

21.3.2024, 10:28:49

Im zweiten Examen ist leider selten ein guter Rat, der Literatur zu folgen. Allerdings scheint es ja nur noch eine Frage der Zeit, bis der BGH seine ganz persönliche Vorstellung vom Verhältnis zwischen Mord und Totschlag aufgibt.

TI

Timurso

21.3.2024, 16:05:27

Bei mir wurde im Ref gesagt, dass man in dieser Frage (Verhältnis Mord/Totschlag) ohne große Probleme der Literatur folgen kann. Hängt aber wahrscheinlich auch vom Bundesland ab.


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