Zivilrecht

BGB Allgemeiner Teil

AGB

Verwender weist durch deutlich sichtbaren Aushang am Orte des Vertragsschlusses auf AGB hin (§ 305 Abs. 2 Nr. 1 Alt 2 BGB)

Verwender weist durch deutlich sichtbaren Aushang am Orte des Vertragsschlusses auf AGB hin (§ 305 Abs. 2 Nr. 1 Alt 2 BGB)

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A fährt mit ihrem Ferrari zur Waschanlage der HappyWash GmbH. Vor der Einfahrt steht ein Automat zum Bezahlen. Daneben weist ein gut sichtbares Schild auf die AGB und ihre Abrufbarkeit im Internet hin. A liest das Schild, bezahlt und fährt nach Öffnung der Schranke in die Anlage.

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Einordnung des Falls

Verwender weist durch deutlich sichtbaren Aushang am Orte des Vertragsschlusses auf AGB hin (§ 305 Abs. 2 Nr. 1 Alt 2 BGB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die AGB der Waschanlage sind nur dann Vertragsbestandteil geworden, wenn die Einbezugsvoraussetzungen also Hinweis, Kenntnisnahme und Einverständnis (§ 305 Abs. 2 BGB) vorliegen.

Ja, in der Tat!

Damit AGB wirksam in den Vertrag einbezogen werden, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein: (1) Der Verwender muss die andere Vertragspartei auf die AGB hinweisen und ihr (2) die Möglichkeit zur Kenntnisnahme verschaffen. Zudem muss (3) die andere Vertragspartei mit der Geltung der AGB einverstanden sein. Alle drei Voraussetzungen müssen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorliegen.
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2. Ist ein ausdrücklicher Hinweis nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich, genügt für den Hinweis auf die AGB auch ein deutlich sichtbarer Aushang am Ort des Vertrages.

Ja!

Ist ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich, kann der Hinweis auf die AGB durch einen deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses ersetzt werden (§ 305 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 BGB). Die Regel stellt einen Kompromiss dar, weil das Kundeninteresse, konkret auf die AGB hingewiesen zu werden gewahrt wird und gleichzeitig der Geschäftsbetrieb durch die Hinweisobliegenheit für AGB nicht übermäßig erschwert wird.

3. Der HappyWash GmbH wäre ein ausdrücklicher persönlicher Hinweis auf ihre AGB nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich.

Genau, so ist das!

Ob ein ausdrücklicher Hinweis auf die AGB nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, ist insbesondere nach der Art des Vertragsschlusses und dem Aufwand für den AGB-Verwender für einen ausdrücklichen Hinweis zu beurteilen. Bei Verträgen, bei denen der Verwender keine personalisierte Erklärung abgibt wie z.B. bei simplen Automaten, wäre ein ausdrücklicher Hinweis an den konkreten Kunden nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich. Gleiches kann sich auch bei Massengeschäften z.B. im Super- oder Elektronikmarkt ergeben. Da die Waschanlage mit einem Bezahlautomaten arbeitet und so die HappyWashGmbH keine personalisierte Erklärung zum Vertragsschluss abgibt, wäre ein ausdrücklicher Hinweis auf die AGB nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich.

4. Die HappyWash GmbH hat auf ihre AGB durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses hingewiesen.

Ja, in der Tat!

Ist ein ausdrücklicher Hinweis nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich, kann der Verwender auf seine AGB durch deutlich sichtbaren Aushang am Orte des Vertragsschlusses hinweisen. Nicht notwendig ist das Abdrucken der AGB selbst, vielmehr genügt ein Hinweis auf diese. Die HappyWash GmbH hat durch den deutlich sichtbaren Aushang auf ihre AGB hingewiesen. Da an dem Automaten der Vertrag zur Benutzung der Waschanlage geschlossen wird, befand sich der Aushang auch am Ort des Vertragsschlusses.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

IS

IsiRider

12.6.2022, 12:41:49

Mir war so als hätte ich solche AGBs schon auf Schildern gesehen, wo auch die Bedienungsanleitung zu lesen ist. Insofern erschließt sich mir die Schwierigkeit des Hinweises nicht.

Tobias Rexler

Tobias Rexler

15.6.2022, 11:18:25

Ein Link ist mMn auch unzureichend und erfüllt die Voraussetzung der Verschaffung einer zumutbaren Kenntnisnahmemöglichmeit nur unbefriedigend. Die AGB sind auf jeden Fall an der gleichen Stelle auf einem Schild problemlos platzierbar, sodass man sich auch ohne Internetzugang davon Kenntnis verschaffen kann. So sehe ich das auch in der Praxis regelmäßig.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

15.6.2022, 13:49:43

Hallo ihr beiden, hier müsst ihr sauber zwischen den beiden Nummern des § 305 Abs. 2 BGB unterscheiden. Der vorliegende Fall behandelt lediglich die Frage nach der Hinweispflicht in § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Bei automatisierten Vertragsabschlüssen wird angenommen, dass ein ausdrücklicher Hinweis nicht möglich ist und deshalb ein bloßer Aushang mit dem entsprechenden Hinweis genügt. Damit ist allerdings noch nicht die Frage beantwortet, ob die HappyWash GmbH durch den Verweis auf den Link in diesem Beispiel die Möglichkeit verschafft hat, in zumutbarer Weise von den AGB Kenntnis zu nehmen (§ 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Wie Tobias hier zurecht angemerkt hat, dürfte dies nicht der Fall sein. Vielmehr liegt eine zumutbare Kenntnisnahmemöglichkeit regelmäßig nur vor, wenn auch die AGB selbst an deutlich sichtbarer Stelle ausgelegt oder ausgehängt werden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

AME

Amelie7

8.11.2024, 13:17:34

Das dachte ich mir auch und war durch den Satz "ein Abdrucken der AGB vor Ort ist nicht nötig" etwas verwirrt. Vielleicht könnte man dies hier schon als Vertiefung aufnehmen um im Zusammenhang zu lernen

QUIG

QuiGonTim

13.7.2022, 19:11:51

Habe ich es richtig verstanden, dass der ausdrückliche Hinweis als ein solcher, der sich individuell an den potentiellen Vertragspartner richtet, zu verstehen ist?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

23.7.2022, 16:00:56

Hallo QuiGonTim, der ausdrückliche Hinweis muss sich am Ort des Vertragsschlusses befinden also dort, wo potentielle Vertragspartner ihn mit Sicherheit wahrnehmen können. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

SI

silasowicz

14.8.2023, 18:07:23

Die tatsächliche Kenntnisnahme durch den Verwendungsgegner ist meines Erachtens gerade nicht nötig, es reicht die bloße Kenntnisnahmemöglichkeit, oder?

SI

silasowicz

14.8.2023, 18:08:22

Also in einer Antwortmöglichkeit steht "Kenntnisnahme" als ein Erfordernis für die wirksame Einbeziehung der AGB.

CAS

Captain Stupid

20.2.2024, 14:46:56

Yep, in der Antwortmöglichkeit auf Frage 1 steht "Kenntnisnahme" als Voraussetzung zur Einbeziehung. Meine Antwort war dann prompt falsch, weil ich auch nur von der "MÖGLICHKEIT der Kenntnisnahme" ausgegangen bin und da schon einen Unterschied sehe. 🤷🏼‍♂️

VALA

Vanilla Latte

21.2.2024, 02:09:18

Ihr lieben Füchse, kann ich hier nun (nach Bezahung auch von Nr2) eine wirksame Einbeziehung annehmen teotz Hinweis auf die Online-Einsehbarkeit? Laut neueren Urteilen (leider nur LG) ist das in der heutigen Zeit auch möglich, da der Großteil der Gesellschaft ein Smartphone besitzt und es nicht auf die Kenntnisnahmemöglich von jedermann ankommt und schon gar nicht auf eine Tatsächliche.

Niklas3461

Niklas3461

4.7.2024, 15:14:01

Liebes Jura-Fuchs-Team, die erste Frage der Aufgabe spricht von "Kenntnisnahme" hiermit ist eine Assoziation mit der tatsächlichen Kenntnisnahme verknüpft. Bei AGB kommt es aber doch nur auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme an. Ich bitte den Aufgabentext hier klarer zu formulieren. Oder habe ich hier einen Denkfehler. Beste Grüße Niklas

Foxxy

Foxxy

2.9.2024, 12:57:51

Hallo Niklas3461, vielen Dank für Deinen Vorschlag! Wir haben ihn notiert und werden in einer der nächsten Redaktionssitzungen prüfen, inwiefern wir hierzu unsere Lerninhalte entsprechend anpassen bzw. noch weitere Aufgaben mit aufnehmen können. Beste Grüße, Foxxy, für das Jurafuchs-Team


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