Zivilrecht

Schuldrecht Allgemeiner Teil

Widerruf & Verbraucherverträge

Widerrufserklärung: "ich muss die Matratze (…) leider an Sie zurücksenden"

Widerrufserklärung: "ich muss die Matratze (…) leider an Sie zurücksenden"

25. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K kauft bei Onlinehändler B eine Matratze zu privaten Zwecken. Die Matratze ist mit einer Schutzfolie versehen. K entfernt die Schutzfolie. Anschließend schreibt er B, er müsse die Matratze leider zurücksenden und verlangt Rückzahlung des Kaufpreises.

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Einordnung des Falls

Widerrufserklärung: "ich muss die Matratze (…) leider an Sie zurücksenden"

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Steht K ein Widerrufsrecht zu?

Ja!

Bei Fernabsatzverträgen (§ 312c BGB) steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach §§ 312g Abs.1, 355 BGB zu. Dafür muss (1) der Anwendungsbereich der Verbraucherschutzvorschriften eröffnet sein (§ 312 Abs.1 BGB). Weiter muss (2) ein Fernabsatzvertrag (§ 312c BGB) vorliegen und (3) das Widerrufsrecht darf nicht ausgeschlossen sein. Verbraucher K und Unternehmer B schließen einen Kaufvertrag (Verbrauchervertrag, § 310 Abs.3 BGB), der den K zur Kaufpreiszahlung verpflichtet (§ 433 Abs.2 BGB), sodass §§ 312a-h BGB anwendbar sind (§ 312 Abs.1 BGB). Es handelt sich zudem um einen Fernabsatzvertrag. Überdies ist das Widerrufsrecht trotz Entfernens der Schutzfolie nicht nach § 312g Abs.2 Nr.3 BGB ausgeschlossen, da die Matratze nach Reinigung für Wiederverwendung durch Dritte geeignet bleibt.
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2. Hat K wirksam den Widerruf erklärt, indem er B sagte: „Ich muss die Matratze leider an Sie zurücksenden“?

Genau, so ist das!

Der Widerruf wird durch eine Erklärung des Verbrauchers an den Unternehmer erklärt, aus der der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf eindeutig hervorgehen muss (§ 355 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB). Hierfür bedarf es einer sprachlichen Äußerung. Allerdings dürfen an die Annahme eines Widerrufswillens keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden. Der Widerruf muss nicht ausdrücklich als solcher bezeichnet werden. Die Erklärung, die Ware leider zurücksenden zu müssen, reicht aus, wenn ein weiterer Anlass zur Rücksendung - etwa eine Mängelrüge - nicht ersichtlich ist. K hat ausreichend und eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er nicht mehr an seine auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung gebunden sein will und somit wirksam den Widerruf erklärt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Lönneberga

Lönneberga

16.2.2024, 12:04:28

Liebes Jurafuchs-Team, ich frage mich ob im vorliegenden Fall nicht evt. § 312g II, Nr. 3 BGB einschlägig sein könnte. Die Versiegelung der Matratze wurde entfernt und diese Versiegelung erfolgte aus Hygiene-Gründen. Oder sehe ich das falsch? Viele Grüße!

QUIG

QuiGonTim

5.3.2024, 23:58:26

Der Fall wurde zweimal behandelt. Hier liegt der Schwerpunkt auf der Widerrufserklärung des K. Ein paar Unterkapitel zuvor wird genau das von dir aufgeworfene Problem behandelt. Nach einem Urteil des EuGH (die §§ 312 ff. beruhen in weiten Teilen auf einer Europäischen Richtlinie) solle der Unternehmer mit dem Ausschlussgrund des § 312 g Abs. 2 Nr. 3 BGB davor geschützt werden, zurückgesendete Ware aus hygienischen Gründen nicht mehr verkaufen zu können und deshalb entsorgen zu müssen. Die Matratze könne jedoch den hygienischen Anforderungen gereinigt und danach erneut zum Verkauf angeboten werden können. Deshalb sie der Ausschlussgrund in diesem Fall nicht einschlägig. Dieses Ergebnis wird auch in dieser Falllösung sehr knapp wieder gegeben. Vielleicht könnte das Jurafuchsteam die Falllösung zum Ausschlussgrund verlinken. :)

QUIG

QuiGonTim

11.3.2024, 07:13:56

Die Widerrufserklärung ergibt sich hier vor allem daraus, dass K nicht nur schreibt, dass er die Matratze zurückschicken müsse, sondern zugleich die Rückzahlung des Kaufpreises (als eine Rechtsfolge des Widerrufs) begehrt. Wie wäre der Fall zu beurteilen, wenn es an dieser Rückzahlungsforderung fehlen würde? Gibt es eine spezielle Auslegungsregelung zur Unterscheidung von Widerruf und Mängelrüge oder ist man auf die gewöhnlichen Auslegungsmethoden des AT (§§ 133, 157 BGB, ggf. § 242 BGB) verwiesen?


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