Widerrufserklärung - zu spät

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K erwirbt von Vertreterin V an seiner Haustür für €150 neue Glühbirnen. V belehrt ihn ordnungsgemäß über seine Rechte. Später bemerkt K, dass er noch einen großen Vorrat Birnen hat. Da er gerade viel zu tun hat, erklärt er erst drei Wochen später den Widerruf.

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Einordnung des Falls

Widerrufserklärung - zu spät

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K kann die Rückgabe des Kaufpreises verlangen, wenn er den Kaufvertrag wirksam widerrufen hat (§ 355 Abs. 3 S. 1 BGB).

Ja!

Nach § 355 Abs.3 S.1 BGB sind im Falle des Widerrufs die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren (Rückgewährschuldverhältnis). Sofern K wirksam den Kaufvertrag widerrufen hat, kann er von V Rückgabe des Kaufpreises verlangen, muss allerdings seinerseits die Glühbirnen an V zurückgeben. § 355 Abs.3 BGB stellt eine eigene Anspruchsgrundlage für das Rückgewährverlangen dar. Weitere Pflichten und Besonderheiten bezüglich der Rechtsfolgen des Widerrufs ergeben sich aus §§ 357-357e BGB. Dazu später mehr.
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2. Steht K ein Widerrufsrecht zu?

Genau, so ist das!

Dem Verbraucher steht bei Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zu (§ 312g Abs.1 BGB). Erforderlich dafür ist, dass (1) die §§ 312a-h BGB anwendbar sind (§§ 312 Abs.1, 310 Abs.3 BGB), (2) ein Außergeschäftsraum- oder Fernabsatzvertrag (§ 312 b, c BGB) vorliegt und (3) keine Ausschlussgründe greifen. K als Verbraucher (§ 13 BGB) hat mit Unternehmerin V (§ 14 BGB) einen Kaufvertrag geschlossen, wodurch er zur Kaufpreiszahlung verpflichtet ist. Der Anwendungsbereich der §§ 312a-h BGB ist somit nach §§ 312 Abs.1, 310 Abs.3 BGB eröffnet. Da der Vertrag an der Haustür des K und nicht in Geschäftsräumen der V geschlossen wurde, liegt ein Außergeschäftsraumvertrag nach § 312b Abs.1 S.1 Nr.1 BGB vor. Ausschlussgründe nicht ersichtlich. Folglich steht K ein Widerrufsrecht zu.

3. Ist Ks Widerrufserklärung hinreichend eindeutig?

Ja, in der Tat!

Für einen wirksamen Widerruf ist neben Bestehen eines Widerrufsrechts erforderlich, dass der Widerruf inhaltlich hinreichend bestimmt ist und fristgerecht erklärt wurde (§ 355 Abs.1 S.2,3 BGB). Aus der Erklärung des Verbrauchers muss der Entschluss zum Widerruf eindeutig hervorgehen. Die Widerrufserklärung muss jedoch keine Begründung enthalten. K hat vorliegend ausdrücklich den Widerruf gegenüber seiner Vertragspartnerin V erklärt.

4. Erfolgte Ks Widerrufserklärung fristgemäß?

Nein!

Die Widerrufsfrist beträgt grundsätzlich 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 355 Abs.2 BGB). Ausnahmebestimmungen bezüglich des Fristbeginns sind in §§ 356-356e BGB geregelt. Für Außergeschäftsraum- und Fernabsatzverträge bestimmt § 356 Abs.2 Nr.1, Abs.3 BGB, dass bei einem Verbrauchsgüterkauf die Widerrufsfrist (1) erst mit (vollständiger) Lieferung der Ware beginnt und (2) nicht bevor der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder Artikel 246b § 2 Abs. 1 EGBGB belehrt hat. K wurde hier ordnungsgemäß über seine Rechte belehrt. Da K erst drei Wochen nach Vertragsschluss und Erhalt der Glühbirnen den Widerruf erklärte, erfolgte dieser nicht mehr fristgemäß.
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