Änderung baulicher Anlage / bodenrechtliche Relevanz

23. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Eigentümerin E möchte ihr rechtmäßig errichtetes Mehrparteienhaus von Grund auf sanieren und in ein schickes Penthouse umbauen. Unter anderem wird das Fundament ausgetauscht und die Fassade erneuert. Anwältin A ist unsicher, ob das bauplanungsrechtlich zulässig ist.

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Einordnung des Falls

Änderung baulicher Anlage / bodenrechtliche Relevanz

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ein Vorhaben muss sich an den bauplanungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen messen lassen, wenn es eine bauliche Anlage i.S.d. § 29 BauGB zum Gegenstand hat.

Ja!

Grundvoraussetzung für die Anwendbarkeit der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen der §§ 30ff. BauGB ist das Vorliegen einer baulichen Anlage i.S.d. § 29 Abs. 1 BauGB. Übrige Vorhaben unterliegen im unbeplanten Innenbereich, § 34 BauGB, und im Außenbereich, § 35 BauGB, planungsrechtlich keinen Schranken. Von Festsetzungen, die unmittelbar aus einem Bebauungsplan folgen, sind diese Vorhaben in einem Planbereich (§ 30 BauGB) dagegen nicht freigestellt.
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2. Das Mehrparteienhaus stellt eine bauliche Anlage i.S.d § 29 BauGB dar.

Genau, so ist das!

Der bauplanungsrechtliche Anlagenbegriff erfasst Anlagen, die in einer auf Dauer gedachten Weise künstlich mit dem Erdboden verbunden werden und die in § 1 Abs. 5 und 6 BauGB genannten Belange in einer Weise berühren können, die geeignet ist, das Bedürfnis nach einer verbindlichen Bauleitplanung hervorzurufen, die ihre Zulässigkeit regelt (bodenrechtliche Relevanz). Maßstab dafür ist nicht das konkrete Vorhaben, sondern seine gedachte Häufung. Das Mehrparteienhaus ist geeignet, Belange des § 1 Abs. 6 Nr. 1, 2 BauGB zu tangieren.

3. Nicht nur die Errichtung, sondern auch die Änderung baulicher Anlagen stellt ein Vorhaben i.S.d. § 29 Abs. 1 BauGB dar.

Ja, in der Tat!

Neben der Errichtung baulicher Anlagen erfasst der § 29 Abs. 1 BauGB auch Änderungen und Nutzungsänderungen baulicher Anlagen.

4. Die Sanierung und Modernisierung des Gebäudes einschließlich Austausch des Fundaments und Erneuerung der Fassade stellt eine Änderung i.S.d. § 29 BauGB dar.

Ja!

Eine Änderung i.S. des § 29 Abs. 1 BauGB liegt vor, wenn eine baulichen Anlage in bodenrechtlich relevanter Weise baulich umgestaltet wird. Maßgeblich ist, ob eine bauliche Anlage ihre "Identität" verliert. Denn dann stellt sich die Frage nach der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit neu. Sanierungs- oder Modernisierungsmaßnahmen stellen eine Änderung einer baulichen Anlage dar, wenn die Bausubstanz ausgetauscht wird. E lässt anlässlich des Umbaus in ein Penthouse u.a. Fundament und Fassade ihres Mehrparteienhauses austauschen. Die Bausubstanz wird rundum erneuert. Bloße Instandsetzungs- und Unterhaltungsarbeiten stellen regelmäßig keine Änderung i.S.d. § 29 Abs. 1 BauGB dar.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

MAG

Magnum

25.10.2024, 17:45:32

Dieser Satz leuchtet mir nicht ein: "Sanierungs- oder Modernisierungsmaßnahmen stellen eine Änderung einer baulichen Anlage dar, wenn die Bausubstanz ausgetauscht wird." Angenommen die Bausubstanz wird ausgetauscht, aber die neue wird genau der alten nachempfunden. In diesem Fall werden doch keine bodenrechtlichen Belange in anderer Weise berührt, als sie es auch vorher schon wurden, oder? Oder nimmt man einfach an, dass bei einem Austausch der Bausubstanz es immer zu erheblichen Veränderung der Anlage kommt, die eine Prüfung nötig machen?

LELEE

Leo Lee

27.10.2024, 13:20:51

Hallo Magnum, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! In der Tat ist diese Voraussetzung insofern schwammig, als sie nicht wirklich "umstritten" oder viel diskutiert wird. Das BVerwG redet insofern auch bloß von Umbau, Ausbau, Erweiterung, Verkleinerung oder Veränderung. Eine weitergehende Einschränkung, wie von dir erwähnt, wird nicht erwähnt (weder in der Rspr. noch in der Literatur). Deshalb könnte man durchaus nach dem jetzigen Stand davon ausgehen, dass auch im von dir genannten Fall die bodenrechtlichen Belange neu berührt werden, selbst wenn man genauso wie vorher baut/umbaut, da immerhin etwas weggenommen und sodann neu kreiert wird. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom Battis/Krautzberger/Löhr BauGB 15. Auflage, Reidt § 29 Rn. 17 sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

MAG

Magnum

27.10.2024, 13:39:02

Danke für die Erläuterung!


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