mangelbedingter Betriebsausfallschaden - Auflösung

10. Juli 2025

18 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

K bestellt bei V ein Ringlicht für seinen Youtubekanal. Es kommt am 26.11. an. Als K das Licht am 1.12. einsetzen will, bemerkt er, dass es mangelhaft ist. Ihm entgehen an dem Tag Einnahmen in Höhe von €400. Am 2.12. fordert er K zur Nacherfüllung auf und verlangt zugleich Schadensersatz.

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Einordnung des Falls

mangelbedingter Betriebsausfallschaden - Auflösung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem V das Ringlicht mangelhaft geliefert hat, hat sie ihre vertraglich geschuldete Pflicht verletzt.

Ja, in der Tat!

Eine Pflichtverletzung ist jede objektive Abweichung des Verhaltens einer Partei des Schuldverhältnisses vom geschuldeten Pflichtenprogramm des § 241 BGB. Bei einem Kaufvertrag ist der Verkäufer verpflichtet die mangelfreie Kaufsache zu übergeben und zu übereignen.Da das Ringlicht einen Sachmangel hat (§ 434 Abs. 1 BGB), hat V ihre vertraglich geschuldete Leistung nicht ordnungsgemäß erfüllt.
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2. Bei Ks entgangenen Werbeeinnahmen vom 1.12. handelt es sich um einen Schaden statt der Leistung.

Nein!

Zum Schadensersatz statt der Leistung gehören nach h.M. alle Schadensposten, die durch eine Nacherfüllung im letztmöglichen Zeitpunk entfallen würden. Zum Schadensersatz neben der Leistung gehören alle Beeinträchtigungen der Rechtsgüter des Gläubigers, die auch bei einer Leistungserbringung zum spätbestmöglichen Zeitpunkt nicht mehr entfielen.Selbst wenn V noch ordnungsgemäß nacherfüllen würde (Reparatur/Neulieferung), so entfällt dadurch nicht mehr der Verdienstausfall vom 1.12. (€400). Dieser Betriebsausfallschaden ist endgültig eingetreten und es liegt ein Schaden neben der Leistung vor.

3. Qualifiziert man Ks Einnahmeausfälle mit der h.M. als einfachen Schaden, kann K diese von V ersetzt verlangen (§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Der einfache Schadensersatzanspruch setzt voraus, dass (1) ein Schuldverhältnis besteht, (2) der Schuldner seine geschuldete (Schutz-)Pflicht verletzt hat, (3) er die Verletzung zu vertreten hat (§ 276 Abs. 1 BGB) und (4) dem Gläubiger ein Schaden entstanden ist.K und V haben einen Kaufvertrag abgeschlossen. Das Ringlicht ist mangelhaft (§ 434 Abs. 1 BGB n.F.). Das Vertretenmüssen wird vermutet (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB) und ein Schaden ist in Form der entgangenen Gewinne (§§ 249 Abs. 1, 252 BGB) eingetreten. K kann die Einnahmen i.H.v. €400 nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB von V ersetzt verlangen.

4. Qualifiziert man Ks Einnahmeausfälle als Verzögerungsschaden, müsste V sich im Schuldnerverzug befinden (§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 2, 286 BGB).

Ja, in der Tat!

Ein Verzögerungsschaden kann nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des §§ 280 Abs. 2, 286 BGB ersetzt werden. Dies erfordert Schuldnerverzug. Der Schuldner gerät in Verzug, wenn er zu einem Zeitpunkt nicht erfüllt, in dem die Forderung wirksam, durchsetzbar und fällig ist, angemahnt (sofern eine Mahnung nicht entbehrlich ist (§ 286 Abs. 2 BGB)) und noch möglich (nachholbar) ist und er die Verzögerung zu vertreten hat (§ 286 Abs. 4 BGB).In der Klausur empfiehlt es sich, sich der h.M. anzuschließen. Dies spart Zeit, da man nicht noch die zusätzlichen Voraussetzungen des Verzuges prüfen muss. Der Streit um die Abgrenzung kann im Rahmen des § 280 Abs. 1 BGB geführt werden, bei der Frage, ob es der zusätzlichen Voraussetzungen des Verzuges bedarf.

5. Aufgrund von Ks Aufforderung zur Nacherfüllung befand sich V am 1.12. im Schuldnerverzug.

Nein!

Schuldnerverzug setzt grundsätzlich eine Mahnung voraus (§ 286 Abs. 1 BGB). Unter einer Mahnung versteht man die an den Schuldner gerichtete eindeutige und bestimmte Aufforderung, mit welcher der Gläubiger unzweideutig zum Ausdruck bringt, dass er die Leistung verlangt. K hat V aufgefordert nachzuerfüllen, was eine hinreichend bestimmte Aufforderung war, die Leistungspflicht zu erbringen. Eine Mahnung lag somit vor. Allerdings erfolgte diese erst am 2.12. und begründet erst ab diesem Zeitpunkt Schuldnerverzug. Am 1.12. konnte die Mahnung insoweit noch keinen Verzug begründen.

6. Soweit die Mahnung entbehrlich war, befand sich V bereits am 1.12. im Schuldnerverzug.

Genau, so ist das!

Zum Teil wird vertreten, dass beim Betriebsausfallschaden eine Mahnung nach § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB grundsätzlich entbehrlich ist. Der Käufer sei einerseits besonders schutzbedürftig, da er den Mangel der Kaufsache oftmals nicht (ohne Weiteres) erkennen kann. Andererseits verdiene der Verkäufer nicht den Schutz durch das Mahnungserfordernis, da seine Pflicht zur mangelfreien Leistung auch ohne Aufforderung offensichtlich sei. Dagegen wird eingewandt, dass die Ausnahmevorschrift eine einzelfallbezogene Ausprägung von Treu und Glauben sei (§ 242 BGB) und nicht pauschal auf Konstellationen übertragen werden dürfe, in denen ein Mahnungserfordernis schon bei abstrakter Betrachtungsweise nicht passt.Entscheidet man sich für die Entbehrlichkeit, so befand sich V im Verzug und K kann ihre entgangenen Einnahmen nach §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB ersetzt verlangen.Hier zeigt sich, dass man sich unnötig Folgeprobleme schafft. Effizienter und überzeugender ist es, direkt auf § 280 Abs. 1 BGB abzustellen.
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