Strafrecht
BT 3: Straftaten gegen Freiheit u.a.
Nötigung, § 240 StGB
Verhindern einer Verletzung Dritter
Verhindern einer Verletzung Dritter
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
O schlägt auf den am Boden liegenden A ein. Der starke T kommt zu Hilfe und fixiert den O mühelos, sodass A wegrennen kann.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Verhindern einer Verletzung Dritter
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Indem T den O fixiert, übt er Gewalt an diesem aus (§ 240 Abs. 1 Var. 1 StGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Nötigungshandlung des T ist als verwerflich einzustufen (§ 240 Abs. 2 StGB).
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Daniel
4.12.2021, 20:11:49
Ist in so einem Fall in dann im objektiven Tatbestand im Rahmen der
Verwerflichkeitsprüfung die Notwehrprüfung gutachterlich durchzuführen?
Marilena
5.12.2021, 13:55:03
Hi Daniel, danke für die Frage! Die
Verwerflichkeitsprüfung erfolgt nicht im objektiven Tatbestand, sondern auf der Ebene der Rechtswidrigkeit. Bei der Nötigung ist ausnahmsweise durch die Verwirklichung des Tatbestandes die Rechtswidrigkeit nicht indiziert. Diese muss im Wege einer die Gesamttat bewertenden Feststellung ermittelt werden. Sofern nicht ein Rechtfertigungsgrund eingreift, ist die Tat nur dann rechtswidrig, wenn die Anwendung der Gewalt oder die An
drohungdes Übels zu dem angestrebten Zweck
verwerflichist. Den Rechtfertigungsgrund wie zB Notwehr würdest dann hier gutachterlich prüfen, genau. Liebe Grüße für das Jurafuchs-Team Marilena
Gnu
7.2.2023, 14:35:55
Ich hätte jetzt gesagt, dass hier bereits Nothilfe nach 32 vorliegt und es auf eine
Verwerflichkeit deshalb gar nicht mehr ankommt
cann1311
8.2.2023, 12:10:02
Du prüfst aber die RW der Tat an sich vor der Rechtfertigung. Ohne die Verwerferlichkeit bräuchtest du nämlich schon keine Nothilfe.
L.Goldstyn
31.7.2024, 14:25:27
An der Prüfungsreihenfolge in der Rechtswidrigkeit der Nötigung scheiden sich wohl wirklich die Geister: 1. Das Jurafuchs-Team geht in anderen Aufgaben davon aus, dass die allg. Rechtfertigungsgründe (z.B.
§ 32 StGB) vor der
Verwerflichkeit zu prüfen sind. Argument: Eine Tat, die gerechtfertigt ist, kann schon gar nicht
verwerflichsein. Dementsprechend ist Dein Ansatz, Gnu, völlig richtig und konsequent. 2. Andere (u.a. cann1311) gehen davon aus, dass die
Verwerflichkeit vor den allg. Rechtfertigungsgründen zu prüfen sind. Argument: Ohne
Verwerflichkeit kommt es auf die allg. Rechtfertigungsgründe nicht mehr an. Auch das ist an sich völlig richtig. Allerdings hat der erste Ansatz folgenden Vorteil: Wenn eine Situation vorliegt, in der ein allg. Rechtfertigungsgrund im Raum steht, läuft der zweite Ansatz „Gefahr“, im Rahmen der
Verwerflichkeitsprüfung die Maßstäbe des einschlägigen allg. Rechtfertigungsgrunds zu kopieren, um die
Verwerflichkeit zu verneinen, muss dann den allg. Rechtsfertigungsgrund aber gar nicht mehr zu prüfen. Damit wird die
Verwerflichkeitsprüfung zu einer „verkappten“ und im Ergebnis auch fehlplatzierten Prüfung des allg. Rechtfertigungsgrundes, was den Korrektoren nicht gefallen wird. Da erscheint es mir sauberer, direkt den allg. Rechtfertigungsgrund zu prüfen, dessen Maßstäbe im Gesetz stehen, und dann ggf. noch festzustellen, dass keine
Verwerflichkeit vorliegt. Auch mit dem lex-specialis-Gedanken ist das mE besser zu vereinbaren. Viele Grüße!