Zivilrecht

Sachenrecht

Gesetzlicher Eigentumserwerb an beweglichen Sachen

Abwandlung: Eigentumserwerb des Diebs durch Verbindung mit Grundstück

Abwandlung: Eigentumserwerb des Diebs durch Verbindung mit Grundstück

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

D entwendet aus dem Lager der Unternehmerin U mehrere mittelalterliche Steine (Wert: €500). Mit den Steinen baut er eine Mauer auf seinem Grundstück. U verlangt anschließend Herausgabe der Steine von D.

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Einordnung des Falls

Abwandlung: Eigentumserwerb des Diebs durch Verbindung mit Grundstück

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ein Eigentumserwerb ist nur durch Rechtsgeschäft möglich.

Nein, das trifft nicht zu!

Grundsätzlich existiert sowohl die Möglichkeit des Eigentumserwerbs durch Rechtsgeschäft (§§ 873ff. BGB für Immobilien; §§ 929ff. BGB für bewegliche Sachen) als auch die Möglichkeit des Eigentumserwerbs durch Gesetz. Beispiele für den gesetzlichen Eigentumserwerb ist die Ersitzung, §§937ff. BGB und der Eigentumserwerb durch Verbindung, Vermischung und Verarbeitung, §§ 946ff. BGB
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2. Der Einbau der Steine erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen des Eigentumserwerbs durch Verbindung mit einem Grundstück (§ 946 BGB).

Ja!

Nach § 946 BGB erwirbt der Eigentümer eines Grundstücks das Eigentum an beweglichen Sachen, die so mit dem Grundstück verbunden werden, dass sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks werden.Die Steine der U sind körperliche Gegenstände und damit Sachen. Sie sind zum Zeitpunkt der Verbindung mit dem Grundstück auch beweglich. Um die Mauer zu errichten, wurden die Steine der U mit dem Grund und Boden verbunden. D hat hierzu auch ein Fundament aus Beton gegossen, wodurch die Entfernung der Steine nur mit erheblichem Aufwand möglich wäre. Die Errichtung der Mauer sollte hierbei auch dauerhaft erfolgen. Die Mauer und damit auch die Steine stellen damit einen wesentlichen Bestandteil des Grundstücks des D dar.

3. Der Eigentumserwerb des D nach § 946 BGB ist aber aufgrund der Unredlichkeit des D ausgeschlossen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der gesetzliche Eigentumserwerb nach § 946 BGB setzt - anders als z.B. die Ersitzung - keine Gutgläubigkeit des Erwerbers voraus. So kann auch der Dieb grundsätzlich Eigentum nach § 946 BGB erwerben.

4. Kann U von D Herausgabe der Steine nach § 985 BGB verlangen?

Nein, das trifft nicht zu!

Der Herausgabeanspruch nach § 985 BGB setzt voraus, dass der Anspruchsteller Eigentümer ist und der Anspruchsgegner Besitzer ohne Recht zum Besitz. U hat ihr Eigentum an den Steinen nach § 946 BGB an D verloren. U kann zwar nicht Herausgabe der Steine nach § 985 BGB verlangen. Ihr könnten unter den weiteren Voraussetzungen aber ein Entschädigungsanspruch (§ 951 Abs. 1 S. 1 BGB) und ein deliktischer Schadensersatzanspruch nach §§ 951 Abs. 2 S. 1 BGB i.V.m. 823ff. BGB zustehen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

NI

Nils

5.7.2023, 09:33:00

Hier wären im SV noch ein paar Infos zu der Mauer ganz nett, da in der Begründung auf weitaus mehr Informationen eingegangen wird, welche nicht vorher aus dem SV hervorgingen.

EVA

evanici

15.9.2023, 12:46:25

Ich sag nur "Betonfundament" :D

NI

Nils

9.10.2023, 10:48:43

Das Betonfundament wird aber erst in der Subsumtion aufgeführt und findet sich nicht im SV, fühlt sich dann aus der Luft gegriffen an.

LexSuperior

LexSuperior

11.12.2023, 02:02:44

Könntet ihr nochmal ganz kurz erläutern wieso es bei der Verbindung und Vermischung nicht auf die Gutgläubigkeit ankommt? Und warum dies bei der

Ersitzung

anders ist :)

CR7

CR7

18.1.2024, 12:21:15

Der gesetzliche Eigentumserwerb dient der Rechtssicherheit. Würde der gute Glauben eine Rolle spielen, hat man wiederum keine Rechtssicherheit mehr, weil man dann stets den guten Glauben des Erwerbers ermitteln müsste. Dann hätte man wieder das Problem, das bei gegebener Bösgläubigkeit Herausgabeansprüche bestehen, die aber möglicherweise nur mit wirtschaftlich hohem Aufwand durchgesetzt werden könnten. Hier sagt der Gesetzgeber aber: Nein, derjenige, der die Sache "verarbeitet", soll Eigentümer werden. War das unberechtigt, stehen demjenigen Ausgleichsansprüche zu (§ 951, § 812 oder davor EBV, beachte Sperrwirkung).

DerChristoph

DerChristoph

4.3.2024, 15:52:29

Dieses Prinzip kann ich grundsätzlich nachvollziehen. Gibt es denn Ausnahmen? Wenn es z.B. tatsächlich um bedeutsame, historische Steine geht und ich diese – um sie dem Rechtsverkehr zu entziehen – bewusst auf meinem Grundstück einbetoniere, gibt es keine Chance, für den vormaligen Eigentümer die Steine auf dem Rechtsweg zurück zu erlangen? Lediglich ein Ausgleichsanspruch kommt in Betracht?

JC1909

jc1909

2.9.2024, 21:08:43

Ist dies nicht ein Fall des spezielleren §

950 BGB

?

LELEE

Leo Lee

9.9.2024, 08:44:19

Hallo jc1909, vielen Dank für die sehr gute Frage! 950 geht den 947 und 948 vor. Zu 946 kann der 950 allerdings per se nicht konkurrieren, weil 950 nur bei beweglichen Sachen anwendbar ist. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-BGB 9. Auflage, Füller § 950 Rn. 33 f. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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