§ 316 StGB – Kein „öffentlicher Verkehrsraum“ wegen Schranke


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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T stellt ihren Lkw auf einem Tankstellenparkplatz ab und betrinkt sich. Außerhalb der normalen Betriebszeit will sie von dem Parkplatz wieder herunterfahren. Also fährt sie auf die Ausfahrt zu, muss aber feststellen, dass die Schranke schon längst geschlossen ist.

Einordnung des Falls

§ 316 StGB – Kein „öffentlicher Verkehrsraum“ wegen Schranke

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem T mit ihrem Lkw auf die Ausfahrt zufuhr, hat sie ein „Fahrzeug geführt“ (§ 316 Abs. 1 StGB).

Ja!

Fahrzeuge sind nicht nur Kfz (§ 1 Abs. 2 StVG), sondern Fortbewegungsmittel jeglicher Art, die zur Beförderung von Personen oder Sachen bestimmt sind und am Straßenverkehr teilnehmen. Ein Fahrzeug führt, wer es unter Beherrschung seiner Antriebskräfte in Bewegung setzt oder das Fahrzeug unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrbewegung ganz oder zum Teil lenkt. Der Lkw der T ist ein Kfz und daher unstrittig ein Fahrzeug. Da T den Lkw bereits in Bewegung gesetzt hat und sich hierfür der wesentlichen technischen Einrichtungen des Lkw bediente, hat sie das Fahrzeug geführt.

2. T hat den Lkw „im Verkehr“ geführt (§ 316 Abs. 1 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Der öffentliche Straßenverkehr ist nur derjenige Verkehr, der auf jedermann zur Benutzung offenstehenden Wegen oder Plätzen stattfindet. Erforderlich ist eine Fläche, die ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für jedermann oder für eine allgemein bestimmte größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen ist und auch so benutzt wird. Zwar sind die Eigentumsverhältnisse irrelevant, so dass auch Tankstellenparkplätze als faktische Öffentlichkeit erfasst sind. Indem die Schranke geschlossen wurde, hat sich der Wille des Verfügungsberechtigten aber eindeutig manifestiert, den Parkplatz ab diesem Zeitpunkt der Allgemeinheit nicht mehr zur Verfügung zu stellen.

3. Der Versuch der Trunkenheit im Verkehr (§ 316 Abs. 1 StGB) ist straflos.

Ja, in der Tat!

Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der eines Vergehens nur, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (§ 23 Abs. 1 StGB). § 316 Abs. 1 StGB ist im Mindestmaß mit einer Geldstrafe bedroht, sodass es sich um ein Vergehen (§ 12 Abs. 2 StGB) handelt. Da es für § 316 StGB keine entsprechende gesetzliche Bestimmung gibt, ist der Versuch straflos.

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David

David

12.2.2023, 16:57:31

Das ist jetzt vielleicht ein wenig weit gegriffen, aber könnte man hier nicht argumentieren, dass der Parkplatz grundsätzlich für Jedermann zugänglich ist, weil ja nur die Schranke für die "Ausfahrt" geschlossen ist, demnach zumindest bei der "Einfahrt" weitere LKW, bzw. auch andere Verkehrsteilnehmer Zugang hätten? Oder nehme ich den Fall zu wortwörtlich, ist also auch die Einfahrt des Parkplatzes geschlossen?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

13.2.2023, 13:11:30

Hallo David, in der Tat zielt der Sachverhalt darauf ab, dass der Parkplatz insgesamt der Öffentlichkeit nicht mehr zur Verfügung steht. Es sind also sowohl die Ein- als auch die Ausfahrt versperrt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Kind als Schaden

Kind als Schaden

8.11.2023, 14:59:24

Muss mich @David anschließen, der Sachverhalt ist eindeutig irreführend an dieser Stelle. Zudem wird teilweise auch noch bei Parkplätzen darauf abgestellt, dass für die "Öffentlichkeit" des Verkehrs mitentscheidend sei, dass sich innerhalb des Parkplatzes frei bewegt werden könne und keine persönliche Beziehung zwischen den Verkehrsteilnehmern besteht. Aufgrund der gegebenen Information lässt sich schlicht nicht sagen, ob der Verkehr öffentlich ist, oder eben nicht.

TUBAT

TubaTheo

15.7.2024, 16:08:07

Könnte man nicht argumentieren, dass auf dem Parkplatz noch weitere Verkehrsteilnehmer ihr Fahrzeug hätten abstellen können, bevor die Schranke heruntergelassen wurde (wie bei T) und diese Fahrzeuge dann abstrakt durch die Trunkenheitsfahrt gefährdet wurden? Bei dem Delikt handelt es sich ja eben um ein abstraktes Gefährdungsdelikt und die Möglichkeit, dass andere Verkehrsteilnehmer trotz geschlossener Schranke betroffen sind, besteht. Oder muss es dafür im Sachverhalt angelegt sein, dass dort andere Autos geparkt sind (quasi eine abstrakte Gefährdung im konkreten Fall)? Oder sind diese Autos dann generell auch nicht mehr in der Öffentlichkeit und bei einem Unfall handelt es sich um eine bloße Privatangelegenheit zwischen den beiden Parteien?


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