Öffentliches Recht
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Entscheidungen von 2020
Fischen nur für Männer? - Ärger am Memminger Fischteich
Fischen nur für Männer? - Ärger am Memminger Fischteich
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K ist Mitglied des Vereins B. Sie begehrt von B die Aufnahme in die Vereinsgruppe der Stadtbachfischer. Die Gruppe, welche nach der Satzung nur Männern offensteht, fischt am traditionellen Fischertag den Stadtbach aus. B lehnt Ks Antrag ab.
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Einordnung des Falls
Fischen nur für Männer? - Ärger am Memminger Fischteich
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 13 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K erhebt Klage vor dem AG Memmingen. Damit dieses über den Streit entscheiden kann, dürfte der Streit nicht gemäß § 40 Abs. 1 VwGO den Verwaltungsgerichten zugewiesen sein.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ks Klage ist begründet, wenn sie gegen B einen Anspruch auf Aufnahme in die Vereinsgruppe der Stadtbachfischer hat.
Ja, in der Tat!
3. K hat gegen B einen Anspruch auf Aufnahme in die Stadtbachfischergruppe aus Art. 3 Abs. 1 bzw. 2 GG, da B als privatrechtlich organisierter Verein unmittelbar an die Grundrechte gebunden ist.
Nein!
4. B ist somit gar nicht an Grundrechte gebunden und hat diese nicht zu beachten.
Nein, das ist nicht der Fall!
5. K könnte gegen B einen Anspruch auf Aufnahme in die Fischergruppe aus § 826 BGB haben, wenn B über eine Monopolstellung verfügt und K ein wesentliches Interesse am Erwerb der Mitgliedschaft hat.
Ja, in der Tat!
6. B ist der einzige Verein, der den Fischertag durchführt, einen traditionellen Festtag in Memmingen und fester Bestandteil im sozialen Kalender der Stadtgesellschaft. Kommt ihm somit eine Monopolstellung zu?
Ja!
7. Ein Anspruch der K aus § 826 BGB ist aber ausgeschlossen, weil B ein Geselligkeitsverein ist und deswegen nicht, auch nicht mittelbar, an die Grundrechte gebunden ist.
Nein, das ist nicht der Fall!
8. Ein berechtigtes Interesse der K an der Aufnahme in die Gruppe der Stadtbachfischer ergibt sich aus Art. 3 Abs. 2 GG, der über § 826 BGB mittelbare Wirkung im Rechtsverhältnis zwischen B und K entfaltet.
Ja, in der Tat!
9. Auch aus dem Umstand, dass es K ohne eine Aufnahme in die Gruppe der Stadtbachfischer nicht möglich ist, in vollem Umfang am Fischertag teilzunehmen, folgt ein berechtigtes Interesse.
Ja!
10. Der Anspruch aus § 826 BGB ist ausgeschlossen, wenn ein sachlich rechtfertigender Grund für die Ungleichbehandlung der K besteht oder diese aus anderen Gründen gerechtfertigt ist.
Genau, so ist das!
11. Kann die Vereinsautonomie (Art. 9 Abs. 1 GG) und Bs darauf gründendes Interesse an der Wahrung der Tradition als kollidierendes Verfassungsrecht die Ungleichbehandlung der K rechtfertigen?
Nein, das trifft nicht zu!
12. Hat K somit einen Anspruch gegen B auf Aufnahme in die Vereinsuntergruppe der Stadtbachfischer aus § 826, 249 Abs. 1 BGB i.V.m. der mittelbaren Drittwirkung des Art. 3 Abs. 2 GG?
Ja!
13. Die Klage der K ist begründet.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Lawlawlife
29.8.2023, 15:51:17
Ich verstehe nicht so ganz weshalb sich ein Anspruch aus 826 BGB ergeben kann denn was ist denn der Schaden? Vielen Dank vorab für eine Erklärung.
kithorx
5.9.2023, 23:57:26
Wie an einer Stelle auch erwähnt, geht das nach 249 ff. BGB. Demnach ist der Geschädigte so zu stellen, wie wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Dieser Umstand ist hier die Ablehnung der gewünschten Teilnahme. Denkt man sich diese weg, kann K teilnehmen = Anspruch auf Aufnahme in die Fischergruppe. Ein Schaden muss mitnichten immer monetär sein :)
evanici
9.9.2023, 13:26:37
Kurze Verständnisfrage zum Sachverhalt: Ist die Vereinsgruppe dann quasi eine "Untergruppierung" innerhalb des Vereins, in dem K laut SV ja Mitglied ist?
Paulah
10.9.2023, 11:02:21
Ja, so ist es. Kriegt man leicht raus, wenn man das Urteil dazu liest.
SH
9.9.2023, 19:21:35
Welche Klageart der VwGO wäre hier genau statthaft?
Paulah
10.9.2023, 10:53:51
Im vorliegenden Fall wäre keine Klageart der VwGO statthaft, weil es sich um eine rein privatrechtliche Streitigkeit handelt. In einer möglichen Klausur könnte man den Fall sicher so konstruieren, dass es ein öffentlich-rechtlicher Fall wird (Teich im öffentlichen Besitz). Dann käme es auf das Klagebegehren an, welche Klageart einschlägig ist
asanzseg
19.9.2023, 10:21:54
@[SH](199540) dieser Fall ist eigentlich ideal für eine Urteilsverfassungsbeschwerde, wenn der BGH hier diese Entscheidung getroffen hätte.
Wendelin Neubert
20.9.2023, 11:52:55
Danke für die Frage SH und danke für Eure Antworten @[Paulah](135148) und @[asanzseg](206214)! Genau, der Fall könnte leicht abgewandelt sein wie von Dir angedacht @[Paulah](135148) oder man hat eine Urteilsverfassungsbeschwerde gegen eine letztinstanzliche Entscheidung eines Zivilgerichts, wie von Dir angedacht @[asanzseg](206214). Denkbar wäre aber auch, dass in einer öffentlich-rechtlichen Klausur die hier einschlägige zivilrechtliche Klage zu prüfen ist – was hinsichtlich der Zulässigkeit hier relativ einfach ist – oder die Zulässigkeit der zivilrechtlichen Klage erlassen ist, und dann der Schwerpunkt auf den öffentlich-rechtlichen Fragestellungen liegt, die wir in der Aufgabe abarbeiten. Das ist zwar äußerst selten, ist in der Prüfungspraxis aber schon vorgekommen. Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team
Max S
4.12.2023, 21:50:31
Die Besprechung hier folgt der Rechtsansicht des AG. Das LG wies die Berufung des Vereins als unbegründet zurück, begründete den Anspruch jedoch mithilfe einer anderen AGL. Die Ansprüche aus § 826 BGB und § 18 II AGG seien unbegründet, jedoch besteht der Anspruch auf Aufnahme über § 280 iVm dem Recht der Vereinmitglieder auf Gleichbehandlung, der direkt aus dem Vereinsrecht und nicht mittelbar aus den GR herleitet wird.
GO
9.2.2024, 19:12:26
Hallo, könnte man hier-wenn es sich beim Teich um öffentlich-rechtliches Eigentum handelt, was eigentlich der Fall sein sollte- auch einen Anspruch auf Zugang zur öffentlich rechtlichen "Einrichtung" nach §10 GemO BW bzw. §21 GO Bayern prüfen?
Nora Mommsen
11.2.2024, 14:02:58
Hallo GO, danke für deine Frage! Hier ist zu Unterscheiden zwischen dem Zugang zum Teich und der Teilnahme am Event/Zutritt zum Verein. Vorliegend begehrt K von B die Aufnahme in die Sparte des Vereins, dies ist keine öffentlich-rechtliche Frage. Etwas anderes wäre es, wenn ihr dadurch ein Fischen im Teich generell nicht möglich wäre. Dies gibt der Sachverhalt aber nicht her. Eine interessante Konstellation sind in dieser Hinsicht beispielsweise Uni-Chöre oder eine städtische Veranstaltung, die nicht von einem Verein ausgerichtet wird. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
GO
11.2.2024, 14:58:37
Vielen Dank!