Zivilrecht
BGB Allgemeiner Teil
Abgabe und Zugang von Willenserklärungen
Fall unter Anwesenden, situative Schwerhörigkeit des Erklärungsempfängers offensichtlich.
Fall unter Anwesenden, situative Schwerhörigkeit des Erklärungsempfängers offensichtlich.
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A und B arbeiten beim Bodenpersonal am Flughafen Berlin-Tegel. Nach Abfertigung einer easyJet-Maschine bietet A dem B sein gebrauchtes iPhone SE an. B nickt höflich, hat aber wegen des startenden Flugzeugs kein Wort verstanden.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Fall unter Anwesenden, situative Schwerhörigkeit des Erklärungsempfängers offensichtlich.
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das Kaufangebot des A ist wirksam geworden.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Elijah
29.10.2019, 18:44:18
Dennoch ist das Angebot des A wirksam geworden. Lediglich die Annahme des B ist unwirksam.
Lawlawlaw
10.11.2019, 23:14:59
Für das Wirksamwerden des Angebots fehlt der Zugang.
Christian Leupold-Wendling
13.11.2019, 10:34:10
Völlig korrekt, Lawlawlaw.
Silvio I
6.11.2019, 20:47:51
Das sehe ich ebenso, da mit dem Nicken eine verstandene Annahme vorausgesetzt werden kann. Was fehlt ist hier die Annahmeerklärung.
Christian Leupold-Wendling
13.11.2019, 10:35:42
@Silvio, Vorsicht: Zeitlich vorgelagert ist das Verhalten des A. Bitte das Verhalten des B erst einmal gedanklich außen vor lassen. Das Angebot des A ist bereits nicht wirksam geworden. Es ist nicht zugegangen. Wenn es kein wirksames Angebot des A gibt, kommt es auch nicht darauf an, wie das Verhalten des B zu beurteilen ist. Ein Vertrag ist nicht zustande gekommen.
Skywalker
22.10.2020, 02:31:39
Strengenommen scheitert die Wirksamkeit der Angebotserklärung hier schon an der Abgabe dieser. Sie muss nämlich so geäußert/ vollendet werden, dass der Empfänger in der Lage ist sie zu verstehen (was z.B. nicht der Fall ist, wenn der Erklärende sie vor sich her nuschelt oder wie hier die Geräuchskolisse das "in der Lage sein zu verstehen" verhindert) Nicht das es hier einen Unterschied macht (oder wahrscheinlich überhaupt nie einen Unterschied macht), weil beide Begründungen zum gleichen Ergebnis führen, der Unwirksamkeit der Willenserklärung bzw. des Vertrags und weil Angebot und Zugang sich zeitlich ohnehin überschneiden. Aber sofern ich das bisher richtig beurteilen kann können Juristen nie genug kriegen! :)
Benni Bertelmann
6.11.2022, 13:02:58
Siuuuu ⚽️
Nora Mommsen
7.11.2022, 14:08:56
Hallo Benni Bertelmann, willkommen im Jurafuchs-Forum! Du kannst das Forum auch für Verständnisfragen, Feedback zum Fall oder ähnlichem nutzen. :) Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
MK-
15.12.2022, 22:10:34
Sofern der A dem B das Handy „anbietet“, indem er es ihm zeigt und entsprechende Mimik/Gestik benutzt, könnte doch eine
konkludentabgegebene Anbebotserklärung vorliegen? Zugegebenermaßen wäre das im konkreten Fall wahrscheinlich eine zu weite Sachverhaltsausdehnung, aber dem Grunde nach denkbar, oder?
Nora Mommsen
16.12.2022, 14:44:37
Hallo MatthiasK, wäre der Sachverhalt in dem Sinne, dass die Umstände mit Mimik/Gestik sowie z.B. einem beigelegten Kaufvertrag/Garantiekarte o.ä. anders sind, dann müssten diese Umstände natürlich auch entsprechend anders ausgelegt werden. Grundsätzlich ist es also denkbar, dass ein wirksames Angebot zustande kommt. Dann müsste aber die mündliche Erklärung entbehrlich sein. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Laiensphäre
5.7.2023, 17:46:22
Der Fall scheitert doch schon daran, dass es kein Angebot ist, weil hier ein wesentlicher Vertragsbestandteil fehlt, nämlich der Kaufpreis. Zum Zugang würde ich daher schon gar nicht in einer Prüfung kommen
MusterschüLAW
9.11.2023, 21:43:58
Lt. Sachverhalt bietet A an, ergo haben wir ein Angebot. Wenn wir wörtliche Rede des A hätten und der Kaufpreis fehlen würde, lägst du richtig.
benjaminmeister
13.11.2024, 22:38:30
Wenn man sich vorstellt, dass sich die beiden nicht angucken/sehen, fällt es leichter das Wahrnehmen zu verneinen, weil der Empfänger aufgrund des ohrenbetäubenden Lärms gar nichts von dem Erklärenden mitbekommen würde. Wenn man jetzt wieder zum Schaubild zurück kommt, bleibt es dabei, dass das Wahrnehmen zu verneinen ist, weil es für das Wahrnehmen bei der mündlichen Erklärung wirklich NUR auf das AKUSTISCH richtige Verstehen ankommt. Dass der Empfänger Mundbewegung "wahrnimmt" erfüllt nicht das Wahrnehmen was gefordert ist (nochmal: akustisch richtig zu verstehen). Weil der Empfänger hier tatsächlich akustisch nichts versteht, ist nach der reinen Vernehmungstheorie der Zugang zu verneinen. Die in der Literatur vertretenen eingeschränkten Vernehmungstheorie ist weiter, weil sie nicht auf die tatsächliche Wahrnehmung des Empfängers abstellt, sondern schon genügen lässt, dass der Erklärende keinen vernünftigen Zweifel daran haben kann, dass der Empfänger die Erklärung wahrgenommen (nochmal: akustisch richtig verstanden) hat. Aber auch nach dieser Ansicht ist hier Zugang zu verneinen, weil die Zweifel offensichtlich zu bejahen sind. Das hat bei mir jedenfalls den Knoten im Kopf gelöst, weil ich im Bauchgefühl immer das Wahrnehmen damit bejaht habe, dass der Empfänger ja SIEHT, dass der andere etwas sagt 😅