Auswirkungen auf Übereignung

19. Februar 2025

8 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Kaufhaus-Chefin K nimmt bei Bank B ein Darlehen über €100.000 auf. K und B einigen sich, dass K der B alle gegenwärtig und künftigen in ihrem Geschäft befindlichen Waren als Sicherheit übereignet. Der durchschnittliche Wert der Waren im Geschäft beträgt €500.000 €, was B bewusst ausnutzt.

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Einordnung des Falls

Auswirkungen auf Übereignung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der zwischen K und B geschlossene Sicherungsvertrag (§ 311 Abs.1 BGB) ist aufgrund anfänglicher Übersicherung sittenwidrig (§ 138 Abs.1 BGB).

Ja!

Ein Rechtsgeschäft ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dies ist bei anfänglicher Übersicherung der Fall. Eine anfängliche Übersicherung liegt vor, wenn (1) bereits bei Vertragsschluss gewiss ist, dass im Verwertungsfall ein auffälliges Missverhältnis zwischen realisierbarem Wert der Sicherheit und der gesicherten Forderung vorliegen wird (Schätzwert des Sicherungsgegenstandes weit über 150 % der zu sichernden Forderung) und dies (2) auf einer verwerflichen Gesinnung des Sicherungsnehmers beruht. Ein solches Missverhältnis ist gegeben (Sicherung liegt 500 % über dem Nennwert der zu sichernden Forderung). Zudem lässt die B die Interessen der K leichtfertig unberücksichtigt.
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2. Da die Sicherungsübereignung als Verfügungsgeschäft grundsätzlich sittlich neutral ist, ist sie trotz anfänglicher Übersicherung nicht sittenwidrig und unwirksam.

Nein, das ist nicht der Fall!

Zwar ist das Verfügungsgeschäft in Form der Übereignung grundsätzlich sittlich neutral. Da allerdings vorliegend die Sittenwidrigkeit gerade im Vollzug der Leistung liegt, führt der Verstoß der Sicherungsabrede gegen § 138 Abs.1 BGB nicht nur zur Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäfts (Sicherungsvertrag), sondern auch zur Nichtigkeit der Verfügung.Beachte: Wenn der nichtige Sicherungsvertrag zugleich die Vereinbarung des Besitzkonstituts enthält, fehlt bereits ein Tatbestandsmerkmal für die Sicherungsübereignung. Dann ist sie schon deshalb unwirksam.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DAN

Daniel

10.10.2022, 13:37:25

Könnt ihr den Vertiefungshinweis noch Mal erläutern? Irgendwie stehe ich da auf dem Schlauch

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

3.1.2023, 14:38:09

Sehr gerne Daniel! Der Vertiefungshinweis sollte darauf aufmerksam machen, dass ggfs. eine Inzidentprüfung notwendig ist. Die

Sicherungsübereignung

richtet sich nach §§ 929 S.1, 930 BGB. Statt einer Übergabe bedarf es hier eines Besitzmittlungskonstitutes, also eines "Rechtsverhältnisses, vermöge dessen der Erwerber den mittelbaren Besitz erlangt". Ein solches liegt vor, wenn der Veräußerer die Sache als Nießbraucher, Pfandgläubiger, Pächter, Mieter, Verwahrer oder in einem ähnlichen Verhältnis besitzt, vermöge dessen er einem anderen gegenüber auf Zeit zum Besitz berechtigt oder verpflichtet ist (§ 868 BGB). Ein ähnliches Rechtsverhältnis stellt hier die

Sicherungsabrede

dar, dass der Sicherungsgeber (K) bis zur Tilgung des Darlehens die Sachen weiter besitzen darf. Wird diese Abrede nun innerhalb des Sicherungsvertrags getroffen, so ist sie im Falle der

Übersicherung

bereits zusammen mit den

schuld

rechtlichen Vereinbarungen nichtig und es liegt schon kein Besitzmittlungskonstitut vor. Damit fehlt es bereits an den

Tatbestandsvoraussetzungen

einer Übereignung nach §§ 929 S. 1, 930 BGB. Es muss dann also nicht gesondert geprüft werden, ob eine an sich wirksame Übereignung ausnahmsweise wegen § 138 Abs. 1 BGB unwirksam ist. Ich hoffe, es ist nun etwas klarer geworden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

ajboby90

ajboby90

5.12.2023, 13:26:34

Moment mal - Achtung! Das

Besitzmittlungsverhältnis

braucht im Rahmen einer 930 Übereignung grade NICHT rechtswirksam zu sein. Entscheidend ist nur, dass irgendein

Herausgabeanspruch

des Erwerbers besteht (z.B. §§ 812, 985, GoA) und der unmittelbare Besitzer durch dessen Anerkennung Besitzmittlungswillen hat. BGH NJW 1955, 499. Es scheitert hier also nicht schon an der Übereignung.

CR7

CR7

14.1.2024, 19:10:46

Ich würde hier @[ajboby90](222400) zustimmen und bitte um Überprüfung!!

Juraddicted

Juraddicted

16.1.2025, 14:54:58

Gibt es hier ein Update :)?

IS

IsiRider

20.11.2022, 20:23:30

Liegt hier

Fehleridentität

vor?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

22.11.2022, 13:38:04

Hallo IsiRider, in der Tat liegt hier ein Fall der

Fehleridentität

vor, da das Geschäft sowohl auf Verpflichtungs- als auch auf Verfügungsebene aus demselben Grund nichtig ist. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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