Zivilrecht

Kaufrecht

Verbrauchsgüterkauf

Entbehrlichkeit der Fristsetzung beim mangelbedingten Rücktritt/Schadensersatz, § 475d Abs. 1 Nr. 4 BGB

Entbehrlichkeit der Fristsetzung beim mangelbedingten Rücktritt/Schadensersatz, § 475d Abs. 1 Nr. 4 BGB

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Verbraucherin V kauft von Unternehmerin U die Tasse einer limitierten Sonderedition für €5. Da die Tasse leckt, verlangt V von U Nachbesserung (§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 Alt. 1 BGB). U verweigert dies, da diese – was zutrifft – mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden wäre.

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Einordnung des Falls

Entbehrlichkeit der Fristsetzung beim mangelbedingten Rücktritt/Schadensersatz, § 475d Abs. 1 Nr. 4 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann sich der Unternehmer nicht auf die Unverhältnismäßigkeit der Kosten der Nacherfüllung berufen (§ 475 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

§ 475 BGB sieht zahlreiche Einschränkungen bezüglich der Anwendbarkeit der allgemeinen kaufrechtlichen Vorschriften vor. Auch die Anwendbarkeit des § 439 BGB wird teils eingeschränkt (Abs. 3, 4, 5). Der Verweigerugnsgrund der unverhältnismäßigen Kosten (§ 439 Abs. 4 BGB) gilt aber auch beim Verbrauchsgüterkauf. Hier lehnt Unternehmerin U die Nacherfüllung nach § 439 Abs. 4 BGB wegen unverhältnismäßigen Kosten der gewählten Nacherfüllungsvariante ab. U kann hier also die Nacherfüllung berechtigt verweigern.
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2. V möchte vom Vertrag zurücktreten. Dies kann sie, obwohl U die Nacherfüllung berechtigt verweigert hat (§ 475d Abs. 1 Nr. 4 BGB).

Ja!

Was eine ordnungsgemäße Nacherfüllung ist, richtet sich nach der in §§ 439 Abs. 1, 3, 475 Abs. 5 BGB geregelten Art und Weise. Dabei macht § 475d Abs. 1 Nr. 4 BGB keinen Unterschied, ob der Verkäufer berechtigt oder unberechtigt die Nacherfüllung verweigert. Nimmt der Verkäufer nicht die geforderte Nacherfüllung vor, kann der Käufer sofort vom Vertrag zurücktreten. V kann demnach sofort vom Kaufvertrag zurücktreten.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

KLE

kleinerPadawan

13.3.2023, 14:13:00

Hier ist es doch eigentlich egal, ob V die Nacherfüllung berechtigt oder unberechtigt verweigert hat, weil die K die Nacherfüllung laut §

475d

I Nr. 1 nichtmal verlangen muss, sondern die K lediglich über den Mangel unterrichten muss ohne dabei die Nacherfüllung zu verlangen. Deshalb würde ich gar nicht erst darauf eingehen, ob die Weigerung berechtigt/unberechtigt ist, oder?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

21.3.2023, 16:40:33

Hallo kleinerPadawan, danke für deine Rückfrage. Es macht doch einen Unterschied. Denn unabhängig, ob die Nacherfüllung verlangt werden muss oder nur auf einen Mangel hingewiesen werden muss (hier hat V sogar die "strengere" Anforderung des Nacherfüllungsverlangens erfüllt) ist es relevant für die Frage, ob sie weiter Nacherfüllung verlangen kann. Dies wäre z.B. der Fall wenn die Weigerung der U unberechtigt wäre. Zudem kann dies auch Auswirkungen auf die Rücktrittsvoraussetzungen haben. Von daher ist an dieser Stelle nicht relevant in welcher Form U von der möglicherweise bestehenden Nacherfüllungspflicht erfahren hat, sondern welche Rechtsfolge die Weigerung hat. Dafür ist eben entscheidend, ob sie unberechtigt oder berechtigt war. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

KLE

kleinerPadawan

21.3.2023, 16:43:18

Super, vielen Dank! :)

L.G

L.Goldstyn

20.7.2024, 19:49:23

„Auch die Anwendbarkeit des § 439 BGB wird teils eingeschränkt (Abs. 3, 4, 5).“ Ist hier nicht Abs. 6 anstatt Abs. 4 gemeint?

AS

as.mzkw

21.8.2024, 10:11:16

Nein, § 475 III bis V BGB regelt die modifizierte Anwendbarkeit von § 439 BGB.


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