Zivilrecht

Kaufrecht

Verbrauchsgüterkauf

Entbehrlichkeit der Fristsetzung beim mangelbedingten Rücktritt/Schadensersatz, § 475d Abs. 1 Nr. 4 BGB

Entbehrlichkeit der Fristsetzung beim mangelbedingten Rücktritt/Schadensersatz, § 475d Abs. 1 Nr. 4 BGB

13. Februar 2025

7 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Verbraucherin V kauft von Unternehmerin U die Tasse einer limitierten Sonderedition für €5. Da die Tasse leckt, verlangt V von U Nachbesserung (§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 Alt. 1 BGB). U verweigert dies, da diese – was zutrifft – mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden wäre.

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Einordnung des Falls

Entbehrlichkeit der Fristsetzung beim mangelbedingten Rücktritt/Schadensersatz, § 475d Abs. 1 Nr. 4 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann sich der Unternehmer nicht auf die Unverhältnismäßigkeit der Kosten der Nacherfüllung berufen (§ 475 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

§ 475 BGB sieht zahlreiche Einschränkungen bezüglich der Anwendbarkeit der allgemeinen kaufrechtlichen Vorschriften vor. Auch die Anwendbarkeit des § 439 BGB wird teils eingeschränkt (Abs. 3, 4, 5). Der Verweigerugnsgrund der unverhältnismäßigen Kosten (§ 439 Abs. 4 BGB) gilt aber auch beim Verbrauchsgüterkauf. Hier lehnt Unternehmerin U die Nacherfüllung nach § 439 Abs. 4 BGB wegen unverhältnismäßigen Kosten der gewählten Nacherfüllungsvariante ab. U kann hier also die Nacherfüllung berechtigt verweigern.
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2. V möchte vom Vertrag zurücktreten. Dies kann sie, obwohl U die Nacherfüllung berechtigt verweigert hat (§ 475d Abs. 1 Nr. 4 BGB).

Ja!

Was eine ordnungsgemäße Nacherfüllung ist, richtet sich nach der in §§ 439 Abs. 1, 3, 475 Abs. 5 BGB geregelten Art und Weise. Dabei macht § 475d Abs. 1 Nr. 4 BGB keinen Unterschied, ob der Verkäufer berechtigt oder unberechtigt die Nacherfüllung verweigert. Nimmt der Verkäufer nicht die geforderte Nacherfüllung vor, kann der Käufer sofort vom Vertrag zurücktreten. V kann demnach sofort vom Kaufvertrag zurücktreten.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

KLE

kleinerPadawan

13.3.2023, 14:13:00

Hier ist es doch eigentlich egal, ob V die

Nacherfüllung

berechtigt oder unberechtigt verweigert hat, weil die K die

Nacherfüllung

laut

§ 475d

I Nr. 1 nichtmal verlangen muss, sondern die K lediglich über den Mangel unterrichten muss ohne dabei die

Nacherfüllung

zu verlangen. Deshalb würde ich gar nicht erst darauf eingehen, ob die Weigerung berechtigt/unberechtigt ist, oder?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

21.3.2023, 16:40:33

Hallo kleinerPadawan, danke für deine Rückfrage. Es macht doch einen Unterschied. Denn unabhängig, ob die

Nacherfüllung

verlangt werden muss oder nur auf einen Mangel hingewiesen werden muss (hier hat V sogar die "strengere" Anforderung des

Nacherfüllung

sverlangens erfüllt) ist es relevant für die Frage, ob sie weiter

Nacherfüllung

verlangen kann. Dies wäre z.B. der Fall wenn die Weigerung der U unberechtigt wäre. Zudem kann dies auch Auswirkungen auf die Rücktrittsvoraussetzungen haben. Von daher ist an dieser Stelle nicht relevant in welcher Form U von der möglicherweise bestehenden

Nacherfüllung

spflicht erfahren hat, sondern welche Rechtsfolge die Weigerung hat. Dafür ist eben entscheidend, ob sie unberechtigt oder berechtigt war. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

KLE

kleinerPadawan

21.3.2023, 16:43:18

Super, vielen Dank! :)

BEN

benjaminmeister

29.1.2025, 19:23:30

@[kleinerPadawan](165293) es gibt noch einen weiteren Unterschied: Bei Nr. 1 muss eine

angemessene Frist

auch erst einmal abgelaufen sein. Bei Nr. 2 hingegen ist das nicht notwendig. Der Unterschied wirkt sich in folgender Konstellation aus: Nach der erfolgten Übergabe unterrichtet der Käufer sofort den Verkäufer über den Mangel. Aufgrund der Komplexheit der gekauften Sache ist die

angemessene Frist

für die

Nacherfüllung

(ich denke besonders an die

Nachbesserung

) besonders lang, zB. 3 Wochen. Verweigert der Verkäufer noch am Tag der Mängelunterrichtung die

Nacherfüllung

vorzunehmen, dann kann der Käufer auch noch am selben Tag zurücktreten. Dann kann der Käufer gem. § 475 Abs. 6 S. 2 schon mit der Rücksendung der

Ware

, die Rückzahlung des Kaufpreises gem. § 346 I verlangen, weil die Zug-um-Zug-Einrede des § 348 des Verkäufers bis zum Erhalt der

Ware

auch nicht mehr greift.

L.G

L.Goldstyn

20.7.2024, 19:49:23

„Auch die Anwendbarkeit des §

439 BGB

wird teils eingeschränkt (Abs. 3, 4, 5).“ Ist hier nicht Abs. 6 anstatt Abs. 4 gemeint?

AS

as.mzkw

21.8.2024, 10:11:16

Nein, § 475 III bis V BGB regelt die modifizierte Anwendbarkeit von §

439 BGB

.

NAN

Nani123

3.11.2024, 14:09:22

Inwieweit „macht

§ 475d

Abs. 1 Nr. 4 BGB keinen Unterschied, ob der Verkäufer berechtigt oder unberechtigt die

Nacherfüllung

verweigert“? in Nr. 4 wird aufgezeigt, wann eine ordnungsgemäße

Nacherfüllung

vorliegt. Dies „richtet sich nach der in §§ 439 Abs. 1, 3, 475 Abs. 5“. Aber woraus ließt man nun das Verweigerung für die unberechtigte

Nacherfüllung

? Zu dem Fall: Es liegt ja eine Nacherfüllingsverweigerung iSd §

439 IV

vor. Dieser ist nicht in

§ 475d

I Nr. 4 aufgezählt… also ist hier die

Fristsetzung

nicht entbehrlich? Was ist die Lösung des Falls? Ihr merkt, ich bin etwas verwirrt und habe vermutlich etwas Grundlegendes nicht verstanden.


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