Klagebefugnis von juristischen Personen


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Die A-GmbH hat ein Grundstück erworben und darauf mit Baugenehmigung einen Plattenbau errichtet. Bei Überprüfung des Baus werden statische Mängel festgestellt. Die zuständige Behörde ordnet den Abbruch des Baus an. Die A-GmbH erhebt Klage. Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet.

Einordnung des Falls

Klagebefugnis von juristischen Personen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Juristische Personen können grundsätzlich klagebefugt sein.

Genau, so ist das!

Die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) beurteilt sich danach, ob der Kläger durch den angegriffenen Verwaltungsakt möglicherweise in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt ist (sog. Möglichkeitstheorie). Um klagebefugt sein zu können, müssen somit auch juristische Personen - also insb. Aktiengesellschaften, GmbHs, rechtsfähige Vereine und Stiftungen - in eigenen Rechten verletzt sein können. Dies setzt voraus, dass sie rechtsfähig sind. Juristische Personen sind kraft Gesetzes rechtsfähig (Aktiengesellschaft: § 1 Abs. 1 S. 1 AktG; GmbH: § 13 Abs. 1 S. 1 GmbHG; rechtsfähiger Verein: § 21 BGB, Stiftung: § 80 BGB). Die A-GmbH kann als juristische Person grundsätzlich klagebefugt sein.

2. Juristische Personen können sich uneingeschränkt auf Grundrechte berufen.

Nein, das trifft nicht zu!

Grundrechte gelten für inländische juristische Personen nur, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind (Art. 19 Abs. 3 GG). Dies ist der Fall, wenn die grundrechtlich geschützte Tätigkeit auch von juristischen Personen ausgeübt werden kann, also wenn sich juristische Personen in einer mit einer natürlichen Person vergleichbaren grundrechtstypischen Gefährdungslage befinden. Beispiele: Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) oder Eigentumsfreiheit (14 Abs. 1 GG), nicht jedoch die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) oder das Recht auf Leben (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG), wo das Grundrecht an menschliche Eigenschaften anknüpft.

3. Das Klagebegehren der A-GmbH richtet sich auf die Aufhebung der Baubeseitigungsanordnung. Die Anfechtungsklage ist statthaft.

Ja!

Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren (§§ 88, 86 Abs. 3 VwGO). Die A-GmbH begehrt die Aufhebung der Beseitigungsanordnung. Die Beseitigungsanordnung ist ein Verwaltungsakt (§ 35 S. 1 VwVfG), der die A-GmbH belastet. Das Begehren der A-GmbH richtet sich damit auf die Aufhebung eines sie belastenden Verwaltungsakts. Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) ist statthaft.

4. Die A-GmbH kann geltend machen, durch die Baubeseitigungsanordnung in einem ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte verletzt zu sein.

Genau, so ist das!

Die A-GmbH ist gemäß § 13 Abs. 1 S. 1 GmbHG rechtsfähig. Sie kann als solche eigene Rechte erwerben. Sie hat wirksam Eigentum am von der Beseitigungsanordnung betroffenen Grundstück erworben und das Gebäude mit Baugenehmigung errichtet. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie durch die Beseitigungsanordnung in ihrem durch die Baugenehmigung konkretisierten Baurecht i.V. m. ihrem Eigentum an dem betroffenen Grundstück (Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG) verletzt ist. Die A-GmbH kann sich auch auf diese Rechte berufen, weil sie sich hier in einer mit natürlichen Personen vergleichbaren grundrechtstypischen Gefährdungslage befindet. Die A-GmbH ist klagebefugt. Im Baurecht ist eine unmittelbare Berufung auf Art. 14 Abs. 1 GG in aller Regel ausgeschlossen. Das Eigentum wird konkretisiert durch die maßgeblichen baurechtlichen Regelungen.

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