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Zwangsvollstreckung bei der GbR
Zwangsvollstreckung bei der GbR
20. Mai 2025
18 Kommentare
4,9 ★ (15.547 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Die Schwestern S1 und S2 betreiben die Autoreparatur-GbR und kaufen bei V eine neue Hebebühne. Trotz mehrmaliger Aufforderungen zahlt weder die GbR noch zahlen die S1 und S2. V will seine Forderung durchsetzen.
Diesen Fall lösen 0,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Zwangsvollstreckung bei der GbR
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Eine Klage gegen die Autoreparatur-GbR ist zulässig und begründet.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ein rechtskräftiges Urteil gegen die GbR stellt einen Titel dar, mit dem in das Gesellschaftsvermögen vollstreckt werden kann.
Genau, so ist das!
3. Mit dem Titel gegen die GbR kann auch in das Vermögen der nach § 721 S. 1 BGB persönlich haftenden Gesellschafter S1 und S2 vollstreckt werden.
Nein, das trifft nicht zu!
4. V kann im selben Prozess auch gegen S1 und S2 klagen.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jael
12.7.2022, 18:51:08
Wow, genial was für eine Breite an Zivilrecht hier zeitgleich abgefragt wird. Mega gut fürs Vernetzen im Kopf! Fun Fact zum "Fall" - die Queen ist ausgebildete Automechanikerin :)

Denislav Tersiski
3.3.2024, 08:35:52
Ich dachte, dass Personengesellschaften gerade nicht prozessfähig sind (nicht in der Lage, in eigener Person Prozesshandlungen vorzunehmen) und deswegen auf eine Vertretung durch ihre gesetzlichen Vertreter angewiesen sind.
Leo Lee
4.3.2024, 07:29:37
Hallo Denislav Tersiski, vielen Dank für die sehr gute Frage! In der Tat könnte man meinen, Personengesellschaften seien nicht prozessfähig aufgrund des „Personenbezugs“. Beachte allerdings, dass die Prozessfähigkeit sich gem. 50 I ZPO nach der Rechtsfähigkeit (mat. Recht) richtet. Und allgemein ist anerkannt, dass Personengesellschaften (und bis zum MoPeG die Außen-GbR) rechtsfähig sind! OHG/KG aufgrund 124 I, 161 II und GbR (vor MoPeG) aufgrund BGH-Rechtsprechung (und gesetzgeberischen Willens aus den Motiven zum BGB)! Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre von MüKo-ZPO 6. Auflage, Lindacher/Hau § 50 Rn. 25 f. sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

Dua
26.8.2024, 02:21:43
@[Leo Lee](213375) Das passt glaube ich nicht so ganz. Par. 50 ZPO regelt die Partei-, nicht die Prozessfähigkeit. Die Parteifähigkeit richtet sich tatsächlich nach der Rechtsfähigkeit, ist also bei der GbR gegeben. Anders die Prozessfähigkeit, die in Par. 51 I ZPO geregelt ist (und sinngemäß an die Geschäftsfähigleit anknüpft). Die GbR kann selbst nicht vor Gericht stehen und muss sich vertreten lassen. Die Prozessfähigkeit richtet sich hier nach Par. 51 I ZPO iVm Par. 720 BGB. Damit liegt sie bei den Gesellschaftern, nicht bei der GbR.
Wysiati
18.9.2024, 10:30:02
@[Leo Lee](213375) Ich stimme zu, dass die Prozessfähigkeit nicht aus der Rechtsfähigkeit hervorgeht. Es sollte wohl eher an die Geschäftsfähigkeit angeknüpft werden, § 52 ZPO. Nach Bendtsen Saenger, Zivilprozessordnung 10. Auflage 2023 Rn. 1-7 ist die juristische Person auch nicht prozessfähig. Ich hatte zwar zuerst den Gedanken, dass die GbR ja eine eigenständige Rechtspersönlichkeit ist und zwar vertreten werden muss, aber dennoch prozessfähig ist. Im Sinne von „fähig an einem Prozess teilzunehmen“. Benutzt man aber die Definition, dass Prozessfähigkeit die Fähigkeit ist, Prozesshandlungen vorzunehmen und so einen Prozess zu führen, dann fällt die GbR nicht darunter. Schließlich muss sie nach ihrer Natur wie jede jur. Person vertreten werden. Damit ist die GbR nicht prozessfähig, kann aber, was wohl die treffendere Formulierung wäre, korrekt vertreten an einem Prozess teilnehmen. Gerne Anmerkungen falls ich etwas falsch verstanden habe.
Jule
6.5.2025, 14:09:14
wie würden die Anträge lauten? Da die Gesellschaft einerseits und die Gesellschafter andererseits ja keine Gesamt
schuldner sind, kann ich doch auch nicht beantragen, sie als Gesamt
schuldner zu verurteilen. Andererseits muss ja zum Ausdruck gebracht werden, dass die Leistung nur einmal gefordert werden kann.
P K
6.5.2025, 23:50:04
Man könnte wahrscheinlich trotzdem "als Gesamt
schuldner" schreiben. Damit wird zum einen zum Ausdruck gebracht, dass die Leistung insgesamt nur einmal begehrt wird und man hätte wahrscheinlich auch keine (Teil-)Klageabweisung, weil die Verneinung einer Gesamt
schuldzwischen Gesellschaft und Gesellschafter ja nur auf der fehlenden Gleichstufigkeit beruht, die aber im Außenverhältnis irrelevant ist. Wenn man ganz genau ist, könnte man vielleicht bzgl. der Gesellschaft schreiben, dass diese "wie eine Gesamt
schuldnerin" verurteilt wird, ... an ... zu zahlen.