Unverhältnismäßiges Eingreifen von Berufsrettern
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
N zündet das Haus seiner Tante T an. Als Berufsfeuerwehrmann F die Schreie der T hört, stürzt er völlig überhastet, ohne Absprache mit den Kollegen und ohne Atemluftgerät ins brennende Haus. F stirbt Minuten später infolge einer Kohlenmonoxid-Vergiftung.
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Einordnung des Falls
Unverhältnismäßiges Eingreifen von Berufsrettern
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. N hat durch das Anzünden des Hauses eine kausale Verletzungshandlung für die Verletzung des Rechtsguts Leben des F gesetzt.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. N ist die Rechtsgutsverletzung des F auch adäquat-kausal zurechenbar.
Genau, so ist das!
3. N ist die Rechtsgutsverletzung des F auch unter den Grundsätzen des Schutzzwecks der Norm zurechenbar.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Mr_Monsense
9.12.2020, 19:45:39
M.E. ist die Frage nach der Adäquanz der Kausalität hier nicht so unproblematisch wie dargestellt. Ihr argumentiert, dass es nicht unwahrscheinlich ist, dass ein Feuerwehrmann bei der Rettung von Menschen aus einem brennenden Haus verletzt wird. Während das wohl richtig ist, habe ich Zweifel daran, ob es so wahrscheinlich ist, dass ein Feuerwehrmann, zumal ein Berufsfeuerwehrmann, sich so unvernünftig verhält, dass er wider besseren Wissens ohne Schutzausrüstung und Absprache in das Haus rennt, um zu retten. Vielmehr halte ich dies für ein Verhalten, mit dem man nicht rechnen kann (oder muss), sodass die haftungsbegründende Kausalität hier nicht erst beim
Schutzzweck der Normscheitert, sondern das Verhalten des N bzgl. der RGV des F schon nicht adäquat-kausal ist.
Lukas_Mengestu
6.10.2021, 11:26:52
Hallo Mr_Monsense, in der Tat könnte man hier Zweifel haben, ob man nicht bereits im Rahmen der Adäquanz rausfliegt. Wir haben den Fall dem OLG Stuttgart nachgebildet, das die Haftung jedenfalls mit Blick auf den Schutzzweck hat entfallen lassen. Andere Ansichten sind aber natürlich ebenfalls vertretbar (auch wenn das in unserer "stimmt"/"stimmt nicht" Abfrage nicht immer so gut zum Ausdruck kommt). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Diaa
17.7.2023, 06:58:20
Blan
23.8.2023, 05:58:20
Schutzzweck des §823 I BGB ist es, dass die Norm vor Verletzungen schützen will, die durch Dritte zugefügt wird. Dadurch dass F selbst in das Haus rennt, fügt er sich diesen Schaden aber selbst zu, sodass dies dann eigentlich nicht mehr vom
Schutzzweck der Normerfasst wäre. Ausnahmsweise ist dieses Verhalten aber dann einem Dritten zurechenbar, sofern der Dritte dieses mittelbar veranlasst hat, der andere Teil sich „herausgefordert fühlte“ und im Rahmen der Angemessenheit/Billigkeit handelte (Sich also auch in dem Rahmen „herausgefordert fühlen durfte“. (-) Ohne Schutzkleidung ins Haus rennen = Unangemessenes Verhalten des Selbstschädigers- daher keine Zurechnung (+) Mit Schutzkleidung ins Haus rennen = Angemessenes Verhalten des Selbstschädigers- daher Zurechnung (Wie der Fall davor)