Strafrecht
BT 8: Ausssagedelikte
Falsche uneidliche Aussage, § 153 StGB
§ 157: Notwendigkeit der Konfliktsituation
§ 157: Notwendigkeit der Konfliktsituation
6. Februar 2025
8 Kommentare
4,8 ★ (4.740 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Um seinem angeklagten Bruder A ein falsches Alibi zu verschaffen, sagt T, der über die Tat des A nichts weiß, vor Gericht als Zeuge uneidlich falsch aus, A habe ihn zur Tatzeit besucht.
Diesen Fall lösen 63,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
§ 157: Notwendigkeit der Konfliktsituation
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Um Zeugen vor Konfliktsituationen zu schützen, gibt es den Strafmilderungsgrund des Aussagenotstandes (§ 157 Abs. 1 StGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Zugunsten des T greift der Aussagenotstand (§ 157 Abs. 1 StGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Dolusdave
5.2.2022, 18:23:26
Woraus ergibt sich denn die Voraussetzung des Widerstreits? Im Wortlaut kann ich die Vss nicht erkennen, höchstens die Unterschrift "
Aussagenotstand" wäre ein Hinweis, wobei ich diese Argumentation etwas dünn finde
Victor
5.2.2022, 23:21:03
Also einmal ergibt sich das aus dem Charakter der Norm als Ausnahmeregelung. Des weiteren ist natürlich der Sinn und Zweck als „Notstand“ heranzuziehen, der eben auch für einen Widerstreit spricht. Letztlich ergibt sich das natürlich aus der eindeutigen Rspr. Insbesondere des BGHs.

I-m-possible
21.8.2022, 19:49:39
Müsste der §157 Abs.1 dann nicht erst Recht eingreifen wenn der T davon keine Kenntnis hat ? Ansonsten würde hier
Bösgläubigkeit (Lügen in Form von Alibi) sanktioniert und schlichtes Wissen nicht.
Larissa3
11.10.2022, 13:51:37
Ich denke, es geht hier um den Sinn und Zweck des § 157, also eine solche „Zwangslage“ für Angehörige, die eben nicht besteht, wenn derjenige nichts von der Tat weiß.
anni0910
5.10.2022, 16:21:09
Was ist hier der Unterschied zum Fall mit dem Zwillingsbruder? Da stand einfach nur, dass er zugunsten seines Zwillingsbruders falsch aussagt und der
Aussagenotstandwurde bejaht. Wieso liegt da die Notstandsituation vor, hier aber nicht? Also welcher Hinweis im SV würde dafür sprechen, damit man das erkennt ob ja oder nein? :)
Larissa3
11.10.2022, 13:48:04
Der Nebensatz, dass T über die Tat des A nichts weiß, soll zeigen, dass sich T dann hier in keiner Drucksituation/Notstandssituation befindet.

Leporello
15.12.2024, 11:07:09
Die erste Frage „Um Zeugen vor Konfliktsituationen zu schützen, gibt es den Strafmilderungsgrund des
Aussagenotstandes (§ 157 Abs. 1 StGB).“ muss eindeutig mit Nein beantwortet werden. Alles andere ist dogmatisch falsch. Um den Zeugen vor Konfliktsituationen zu schützen, also davor, dass er in den Konflikt gerät, einen Angehörigen zu belasten, hat der Gesetzgeber ausschließlich den Paragraph
52 StPOgeschaffen. Deshalb dann auch die stets mehr als ausführliche Belehrung des vernehmen Richters vor der Einvernahme. Paragraph 157 Abs. 1 soll erst dann, wenn sich der Zeuge in der Konfliktsituation trotz seines Weigerungsrechts dazu hat hinreißen lassen, die Unwahrheit zu sagen, eine sachgerechte justizielle Reaktion ermöglichen. Keinesfalls stellt Paragraph 157 aber einen Schutz vor der Konfliktsituation dar. Es ist gerade nicht das Signal an den Zeugen: wenn du zu Gunsten deines Angehörigen lügst, ist das nicht so schlimm, du bist ja in einem Konflikt, du wirst dann nicht oder nur wenig bestraft. 
§ 157 StGBenthält zwei
Strafmilderungsgründe, aber gerade keinen Schutz VOR der Konfliktsituation.
Wysiati
14.1.2025, 12:40:32
Der Täter T zielt darauf ab, die Gefahr der Bestrafung durch seine
Aussageabzuwenden. Demnach ist der Strafmilderungsgrund erfüllt. Eine täterbelastende Analogie aufgrund des Telos bedarf meiner Meinung nach einer umfassenderen Begründung.