Referendariat
Die StA-Klausur im Assessorexamen
Das materielle Gutachten
Berufsgeheimnisträger, der von seiner Schweigepflicht entbunden war
Berufsgeheimnisträger, der von seiner Schweigepflicht entbunden war
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Arzt A des Beschuldigten B wird polizeilich vernommen. Zu dieser Zeit ist A von seiner Schweigepflicht befreit. Später widerruft B die Entbindung von der Schweigepflicht. A verweigert sodann in der Hauptverhandlung sein Zeugnis unter Hinweis auf seine Schweigepflicht.
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Einordnung des Falls
Berufsgeheimnisträger, der von seiner Schweigepflicht entbunden war
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A war während der polizeilichen Vernehmung zur Zeugnisverweigerung berechtigt (§ 53 Abs. 1 S. 1 StPO).
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. Nachdem B die Entbindung der Schweigepflicht widerrufen hat, war A berechtigt, in der Hauptverhandlung sein Zeugnis zu verweigern.
Genau, so ist das!
3. Sofern sich ein zeugnisverweigerungsberechtigter Arzt erst in der Hauptverhandlung auf sein Zeugnisverweigerungsrecht, so sind seine früheren Angaben dennoch stets verwertbar (§ 252 StPO).
Nein, das trifft nicht zu!
4. Die früher gemachten Angaben des A unterliegen somit einem Beweisverwertungsverbot (§ 252 StPO).
Nein!
5. Die Aussagen des A aus seiner früheren Vernehmung können durch Zeugnis der Vernehmungsperson in die Hauptverhandlung eingeführt werden.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Aleks_is_Y
25.3.2024, 11:22:18
Im vorliegenden Fall greift §
252 StPOnicht, da der Berufsgeheimnisträger nicht vor einer Pflichtenkollision geschützt werden muss. Daraus folgt, dass der Vernehmungsbeamte in der Hauptverhandlung vernommen werden darf und auf Grund des Prinzips der Unmittelbarkeit der Protokollverlesung vorzuziehen ist. Könnte vorliegend nicht aber auch das Vernehmungsprotokoll verlesen werden (zB wenn der Beamte verstirbt oä?), da die Verleseung nicht durch § 252 gesperrt ist?
Tat
26.3.2024, 18:06:00
Ich würde auch gerne wissen, ob konsequenterweise auch das Vernehmungsprotokoll verlesen werden kann, da §
252 StPOja vorliegend nicht greift? :)
Nora Mommsen
28.3.2024, 09:54:47
Hallo ihr beiden, danke für eure Fragen! Auch hier findet der §
251 StPOAnwendung. Die Protokollverlesung ist also in den nach §
251 StPOvorgesehenen Fällen erlaubt. Sie gilt für den Fall, dass die Zeugen damals von ihrer Schweigepflicht entbunden waren. Dann kann die frühere Aussage durch Vernehmen der Verhörsperson oder durch Verlesen nach § 251 verwertet werden. (BGH StV 1997, 233). Nach BGH NStZ 2016, 428 ist dem aber eine Grenze bei Teilaussagen des Berufsgeheimnisträgers gemacht, soweit er sich in einer späteren Vernehmung auf sein Auskunftsverweigerungsrecht beruft. Dabei muss es sich bei der Verhörsperson nicht um einen Richter handeln. Auch die Vernehmung eines Polizeibeamten ist hier zulässig (BGH NStZ 2012, 281). Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team