Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Versuch und Rücktritt

Versuch und Rücktritt: Freiwilligkeit beim Erwischt werden

Versuch und Rücktritt: Freiwilligkeit beim Erwischt werden

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

T möchte seine Ehefrau O aus Rache für die Entziehung des Sorgerechts der Tochter töten. Dafür bricht er bei ihr zu Hause ein und wirft sie vom Balkon. Diesen Sturz überlebt sie ohne größere Verletzungen. Als er mit der Tötung fortfahren möchte und sich vom Balkon hinunterhangelt, schreien Nachbarn, dass er endlich aufhören solle. Daraufhin holt er seine Sachen aus der Wohnung und stellt sich am nächsten Tag der Polizei.

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Einordnung des Falls

Versuch und Rücktritt: Freiwilligkeit beim Erwischt werden

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T handelte nach der Rechtsprechung unfreiwillig, da ihn die Nachbarn entdeckt haben.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Täter handelt freiwillig beziehungsweise unterlässt die weitere Tatausführung freiwillig, wenn er Herr seiner Entschlüsse geblieben ist und die Ausführung der Tat noch für möglich hielt, wobei die Freiwilligkeit entfällt, wenn der Täter die Tat nur mit erheblich größerem Risiko zu Ende führen kann. Auch hierbei kommt es immer alleine auf die Vorstellung des Täters an. Der BGH hat festgestellt, dass es T schon nicht auf eine heimliche Tatausführung ankam. Insofern liegt Unfreiwilligkeit nicht deshalb vor, weil die Nachbarn T erwischt haben. Dies stellt für diesen keine Zwangssituation dar. Auch dass möglicherweise die Polizei bald eintreffen würde, würde nur dann etwas ändern, wenn dies das bestimmende Merkmal sei. Auch hier hat der BGH den Fall wieder an das Tatgericht zurückverwiesen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

BEN

benjaminmeister

10.12.2023, 17:30:13

Meiner Meinung nach könnte man hier im Sachverhalt deutlicher machen, dass es dem Täter nicht auf eine heimliche Tatausführung ankommt. Ohne das Urteil oder die Antwort zu kennen, ergibt sich das maximal daraus, dass er sich am nächsten Tag der Polizei stellt und man daraus ableitet, dass ihm schon bei Tatbegehung die Entdeckung egal war. Das ist aber keineswegs eine zwingende Schlussfolgerung, da er ja auch davon ausgehen hätte können, nicht entdeckt zu werden und so keine Stellung bei der Polizei erforderlich gewesen wäre.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

13.12.2023, 20:55:27

Hallo benjaminmeister, dass es dem Täter nicht auf Heimlichkeit ankam, hat der BGH hier aus den äußeren Umständen des Tatgeschehens (Wurf vom Balkon) geschlossen. Dafür, dass er nicht aus Furcht vor der Polizei von der Tat abließ, spricht hier außerdem der Umstand, dass er zunächst in aller Ruhe seine Sachen einsammelte, bevor er den Tatort verließ. Ich hoffe, es wird dadurch noch etwas nachvollziehbarer. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

BEN

benjaminmeister

14.12.2023, 08:41:19

Okay, jetzt wird mir es etwas klarer 😅 Dann muss man hier wohl unbedingt mit dem einen Satz berücksichtigen, dass das Fortfahrten außerhalb der Wohnung darauf hindeutet, dass es dem Täter nicht auf eine Heimlichkeit ankommt. Danke dir!


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