Strafrecht
BT 1: Totschlag, Mord, Körperverletzung u.a.
Vorsätzliche Körperverletzung, § 223 StGB
Abschneiden von Haaren – Erheblichkeitsschwelle überschritten
Abschneiden von Haaren – Erheblichkeitsschwelle überschritten
25. Januar 2025
2 Kommentare
4,7 ★ (7.764 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
D versucht schon lange, ihren Freund S davon zu überzeugen, seine Dreadlocks abzuschneiden. Da S nicht nachgibt, schneidet D dem schlafenden S die Dreadlocks ab.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Abschneiden von Haaren – Erheblichkeitsschwelle überschritten
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Indem D dem S die Haare abgeschnitten hat, hat sie ihn "körperlich misshandelt" (§ 223 Abs. 1 Var. 1 StGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Indem D dem S die Haare abgeschnitten hat, hat sie ihn "an der Gesundheit geschädigt" (§ 223 Abs. 1 Var. 2 StGB).
Nein, das trifft nicht zu!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Kenzosara
3.2.2024, 03:15:20
Was ist, wenn die Haare der Person zb ein sehr starkes Charaktermerkmal waren und so erheblich waren, dass die Person dadurch ein eingeschränkteres Selbstwertgefühl und/oder sogar psychische Folgen dadurch bekommt? Zählt es dann als
Gesundheitsschädigung?
Leo Lee
3.2.2024, 19:41:40
Hallo Kenzosara, vielen Dank für diese sehr gute Frage! Bei der
Gesundheitsschädigungist es in der tat etwas tricky. Grundsätzlich ist aber jedenfalls erforderlich, dass ein krankhafter Zustand hervorgerufen wird. Deshalb erfordert die
Gesundheitsschädigung, dass ein körperlich objektivierbarer Zustand hervortritt (d.h., wenn das Opfer durch ein eingeschränktes Selbstwertgefühl nachweislich ständig Bauchschmerzen kriegt, dann wäre das TBM erfüllt). Aber das eingeschränkte Selbstwertgefühl an sich – also eine bloß emotionale Reaktion – genügt nicht. Hingegen können rein psychische Krankheiten – wie eine reaktive Depression – sehr wohl unter
Gesundheitsschädigungsubsumiert werden (wie LG Bochum); d.h., wenn das Opfer durch das Abschneiden sogar klinische Depression kriegen würde, wäre auch die
Gesundheitsschädigungerfüllt. Summa summarum: ES kommt leider darauf an (typisch Jura!). Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre von MüKo-StGB 4. Auflage, Hardtung § 223 Rn. 58 ff. sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo