Parteienverbot nach Art. 21 Abs. 2 GG

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Aufgrund von Erkenntnissen über Verbindungen der NPD zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) stellt der Bundesrat 2013 beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag, die Verfassungswidrigkeit der NPD festzustellen und gegen sie ein Parteiverbot auszusprechen.

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Einordnung des Falls

Parteienverbot nach Art. 21 Abs. 2 GG

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. In Deutschland existiert ein staatliches Zulassungsverfahren für Parteien.

Nein, das ist nicht der Fall!

Parteien müssen nicht vom Staat zugelassen werden, denn „ihre Gründung ist frei“ (Art. 21 Abs. 1 S. 2 GG). Anderenfalls hätte der Staat theoretisch die Möglichkeit, ungewollte Parteien von vornherein zu verhindern. Die Existenz einer Partei in Deutschland sagt deshalb nichts über die Vernünftigkeit bzw. Rechtmäßigkeit ihrer Inhalte aus. Bürgerinnen und Bürger dürfen jederzeit mit Gleichgesinnten eine Partei gründen. Hierzu regelt das Grundgesetz in Art. 21 GG lediglich einige formale Vorschriften, z.B. die Offenlegung von Informationen über finanzielle Mittel der Partei.
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2. Das Bundesverfassungsgericht hat die Befugnis, eine Partei zu verbieten.

Ja, in der Tat!

Richtig – so steht es in Art. 21 Abs. 4 GG. Weil Parteien so bedeutsam für die parlamentarische Demokratie sind, darf nur das Bundesverfassungsgericht ein Parteiverbot aussprechen. Demnach darf niemand die Verfassungswidrigkeit einer politischen Partei geltend machen, bevor diese nicht durch das Bundesverfassungsgericht festgestellt wurde (sog. Parteienprivileg). In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wurden erst zwei Parteiverbote verhängt: 1952 gegen die Sozialistische Reichspartei (SRP) und 1956 gegen die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD).

3. Jeder Bürger kann vor dem Bundesverfassungsgericht einen Verbotsantrag stellen und so die Verfassungswidrigkeit einer Partei überprüfen lassen.

Nein!

Der Gesetzgeber hat ein spezielles Parteiverbotsverfahren mit gewissen formellen Voraussetzungen vorgesehen (§§ 43ff. BVerfGG). Danach sind nur Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung berechtigt, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Eine Berechtigung des einzelnen Bürgers, ein Parteiverbot zu beantragen, ist nicht vorgesehen. Auch hierdurch soll das Parteienprivileg gewahrt werden.

4. Das Grundgesetz bestimmt, wann eine Partei als verfassungswidrig anzusehen ist.

Genau, so ist das!

„Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.“ (Art. 21 Abs. 2 GG). Laut Bundesverfassungsgericht genügt allein die Verbreitung verfassungsfeindlicher Ideen für ein Verbot aber nicht. Die Partei muss in aggressiver Weise auf die Abschaffung der demokratischen Grundordnung abzielen und es müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass ein Erreichen der von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Ziele nicht völlig aussichtslos ist.

5. Die NPD ist verfassungsfeindlich und somit eine verbotene Partei.

Nein, das trifft nicht zu!

Das Bundesverfassungsgericht urteilte in Bezug auf die NPD, dass sie ein auf Beseitigung der bestehenden freiheitlich demokratischen Grundordnung gerichtetes politisches Konzept vertritt und somit als verfassungsfeindlich einzustufen ist. Aufgrund ihrer geringen Mitgliederzahl und der niedrigen Wahlergebnisse ist der politische Einfluss der NPD jedoch deutlich begrenzt. Deshalb bestehen keine Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Durchsetzung ihrer politischen Ziele, sodass das Bundesverfassungsgericht kein Parteiverbot ausgesprochen hat. Der Antrag auf ein Verbot der NPD wurde abgelehnt.

6. Die NPD kann aber aufgrund ihrer Verfassungsfeindlichkeit von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden.

Ja!

Im Anschluss an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wurde Art. 21 GG geändert. Nun besteht seit 2017 neben dem Parteiverbot auch die „mildere“ Möglichkeit, eine Partei von der staatlichen Finanzierung auszuschließen (Art. 21 Abs. 3 GG). Anders als das Parteiverbot setzt der Ausschluss von der staatlichen Finanzierung gerade nicht voraus, dass die betroffene Partei ihre verfassungsfeindlichen Ziele potenziell auch erreichen kann. Das Bundesverfassungsgericht hat über den Antrag, die NPD aus der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen, mit Urteil vom 27.01.2024 positiv entschieden. Aus dem Urteil: „Die Partei missachtet die freiheitliche demokratische Grundordnung und ist nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Mitglieder und Anhänger auf deren Beseitigung ausgerichtet. […] Ihr politisches Konzept, […] ist zudem mit dem Demokratieprinzip unvereinbar.“ Die Partei ist für die Dauer von sechs Jahren von der staatlichen Finanzierung nach § 18 ParteiG ausgeschlossen.
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