Öffentliches Recht
Staatsorganisations-Recht
Strukturprinzip Rechtsstaat
Neutralität von Amtsträgern ("Licht aus" Dügida)
Neutralität von Amtsträgern ("Licht aus" Dügida)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Oberbürgermeister OB lässt während einer Versammlung der islamfeindlichen „Dügida“-Bewegung die Beleuchtung städtischer Gebäude ausschalten. Auf seiner amtlichen Website ruft OB zur Nachahmung auf sowie dazu, sich der Gegendemonstration „Demokratie und Vielfalt“ anzuschließen. „Dügida“s Versammlungsleiterin V hält dies für rechtswidrig.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Neutralität von Amtsträgern ("Licht aus" Dügida)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. V kann nach der Versammlung per Fortsetzungsfeststellungsklage rügen, dass die Maßnahmen des OB rechtswidrig waren.
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. Das Löschen der Beleuchtung und die Aufrufe des OB sind rechtswidrig, weil es keine gesetzliche Befugnis dafür gibt.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Mit seinen Maßnahmen verletzt OB das strikte Neutralitätsgebot bei amtlichen Äußerungen gegenüber V.
Nein, das trifft nicht zu!
4. Mit dem Löschen der Beleuchtung städtischer Gebäude und dem Aufruf zur Nachahmung verstößt OB gegen das Sachlichkeitsgebot bei amtlichen Äußerungen.
Ja!
5. OB‘s Aufruf zur Teilnahme an der Gegendemonstration hält die Grenzen des Sachlichkeitsgebot bei amtlichen Äußerungen ein.
Nein, das ist nicht der Fall!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
omnimodo facturus
7.7.2022, 14:59:39
Wie so oft überzeugt auch hier das OVG Münster.
Elias Von der Brelie
2.8.2023, 15:32:42
Für mich sahen beide Meinungen gut Vertretbar aus.
Diaa
24.7.2024, 14:35:13
Ich verstehe nicht, wieso bei der Frage zur Neutralitätsgebot auf die politische Seite der V abgestellt wird; so hieß es: "V kann sich mangels Eigenschaft als politische Partei und mangels einer mit politischen Parteien vergleichbaren Interessenlage darauf jedoch nicht berufen (Ls. 2, RdNr. 23 ff.).". Es sind doch nicht nur Parteien, die sich auf Einhaltung des Neutralitätsgebotes berufen können. Ich checke die Antwort auf die Frage nicht.
Leonie
30.7.2024, 13:28:55
Ich habe es so verstanden, dass sich die Aussage nur auf das Neutralitätsgebot iSd Chancengleichheit bei Parteien (Art. 21) bezog. Und weil V keine Partei ist, kann er/sie sich nicht auf die Ungleichbehandlung berufen, die bei Parteien rechtswidrig wäre.
Wendelin Neubert
22.8.2024, 17:39:52
Danke für Deine Frage @[Diaa](211889) und danke für die zutreffende Antwort @[Leonie](260217). Nochmal zur Klarstellung @[Diaa](211889): Wie in unserer Ausarbeitung klargestellt, schützt das Neutralitätsgebot nur politische Parteien. Denn es folgt aus Art. 21 Abs. 1 GG und dem besonderen und herausgehobenen Schutz, den Parteien im Verfassungsgefüge des Grundgesetzes genießen. Politische Gruppierungen – wie hier die
Dügida-Bewegung –, die keine Parteien i.S.d. Art. 21 Abs. 1 GG sind, fallen nicht unter diesen besonderen Schutz. Sie werden gleichwohl durch das Sachlichkeitsgebot geschützt, das für jedes staatliche Handeln gilt. Hoffe das hilft! Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team
carlotka
19.8.2024, 13:25:22
Ich verstehe die Antwort ehrlich gesagt auch nicht ganz. Wenn ich das richtig verstehe, liegt doch eine Verletzung des Neutralitätsgebots vor. Daran ändert doch die Tatsache nichts, dass sich der Verein nicht darauf berufen kann, oder etwa doch? Für mich sind das zwei verschiedene Aspekte.
Wendelin Neubert
22.8.2024, 17:43:30
Hallo @[carlotka](251475)! Das Neutralitätsgebot ist hier nicht einschlägig. Denn es schützt nur politische Parteien i.S.d. Art. 21 Abs. 1 GG vor nicht-neutralen amtlichen Äußerungen. Politische Gruppierungen, die wie die
Dügida-Bewegung hier im Fall keine politischen Parteien sind, können sich nicht auf das Neutralitätsgebot berufen. Staatliche Äußerungen gegenüber Gruppierungen, die keine Parteien sind, müssen sich nicht am Maßstab des Neutralitätsgebots messen lassen. Deshalb ist das Neutralitätsgebot hier nicht einschlägig (wenn Du so willst, ist sein Schutzbereich nicht eröffnet, auch wenn das dogmatisch nicht ganz zutreffend ist, weil es hier nicht um Grundrechte geht). Deshalb kommst Du gar nicht zu der Frage, ob das Neutralitätsgebot gegenüber V verletzt ist, weil V sich darauf gar nicht berufen kann. Maßstab für die
Rechtmäßigkeitder amtlichen Äußerung gegenüber V ist dann allein das staatliche Sachlichkeitsgebot, das für jedes staatliche Handeln gilt. Hoffe das hilft. Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team
carlotka
24.8.2024, 12:29:27
Danke für die ausführliche Antwort, das hat mir sehr geholfen! :)