Referendariat: Prozessrecht & Klausurtypen

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Klageänderung

Klagerücknahme nach Beginn mündlicher Verhanldung, aber vor dem Stellen der Anträge

Klagerücknahme nach Beginn mündlicher Verhanldung, aber vor dem Stellen der Anträge

1. Juni 2025

8 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K erhebt Klage mit zwei Anträgen jeweils über €5.000. In der mündlichen Verhandlung stellt K nur noch einen der beiden Anträge. B hat in der mündlichen Verhandlung noch keinen Antrag auf Klageabweisung gestellt, beteiligt sich aber an Gesprächen zur Erörterung der Sach- und Rechtslage. Er widerspricht außerdem der Beschränkung auf nur einen der ursprünglichen Anträge des K.

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Einordnung des Falls

Klagerücknahme nach Beginn mündlicher Verhanldung, aber vor dem Stellen der Anträge

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Es liegt eine teilweise Klagerücknahme vor (§ 269 ZPO).

Genau, so ist das!

Da K nur einen seiner zwei angekündigten Anträge stellt, liegt eine teilweise Klagerücknahme vor.
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2. Hängt die Zulässigkeit der teilweisen Klagerücknahme hier von der Zustimmung des B ab (§ 269 Abs. 1 ZPO)?

Ja, in der Tat!

Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden (§ 269 Abs.1 ZPO). Nach § 137 Abs. 1 ZPO beginnt die mündliche Verhandlung grundsätzlich mit dem Stellen der Anträge. Ausnahmsweise kann sie aber auch schon vorher mit einer Erörterung der Sach- und Rechtslage beginnen (a.A. vertretbar). Nach hier vertretener Auffassung hat die mündliche Verhandlung bereits begonnen, auch wenn B noch keinen Klageabweisungsantrag gestellt hat. Die Zulässigkeit der teilweisen Klagerücknahme hängt damit von der Zustimmung des B ab.

3. Da K nur einen Antrag stellt, entfällt nach § 269 Abs. 3 ZPO rückwirkend die Anhängigkeit des nur angekündigten, aber nicht gestellten Antrags, sodass das Gericht nicht mehr darüber entscheiden muss.

Nein!

Nur wenn eine zulässige (teilweise) Klagerücknahme vorliegt, entfällt die Anhängigkeit rückwirkend (§ 269 Abs. 3 ZPO. B hat der teilweisen Klagerücknahme widersprochen. Nach § 269 Abs. 1 ZPO wäre seine Einwilligung jedoch erforderlich gewesen, da die mündliche Verhandlung bereits begonnen hat. Die teilweise Klagerücknahme ist unzulässig. Folglich entfällt die Anhängigkeit hinsichtlich des nunmehr nicht gestellten Antrags nicht nach § 269 Abs. 3 ZPO. Vielmehr ist über den gesamten Anspruch des K (also beide Anträge) zu entscheiden.

4. Der nicht gestellte Antrag ist durch Teilversäumnisurteil abzuweisen (§ 333 ZPO).

Genau, so ist das!

Wenn der Kläger seinen angekündigten Antrag nicht sofort stellt, sondern zunächst in der mündlichen Verhandlung die Sach- und Rechtslage erörtert wird, und er danach nur einen reduzierten Antrag stellt, ergeht ein Teilversäumnisurteil. Nach § 333 ZPO ist das Nichtverhandeln (= Nicht-Stellen-des-Antrags) der Säumnis der Partei gleichgestellt. Der bloß angekündigte, nicht gestellte Antrag der K ist gem. § 333 ZPO durch Teilversäumnisurteil abzuweisen. Über den gestellten Antrag ergeht ein „normales“ streitiges Urteil.Die Überschrift des Urteils lautet daher: „Teilversäumnis- und Endurteil“. Beachte: Vergiss in solchen Fällen nicht, die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich des Versäumnisurteil-Teils nach § 708 Nr. 2 ZPO zu tenorieren (vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung).
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