Wegfall des Klageanlasses nach Rechtshängigkeit

1. Juni 2025

15 Kommentare

4,9(9.403 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K klagt gegen B auf Zahlung von €3.000. Nachdem B die Klage erhalten hat, zahlt er den geforderten Betrag an K.

Diesen Fall lösen 71,5 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Wegfall des Klageanlasses nach Rechtshängigkeit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Klageanlass ist nach Rechtshängigkeit weggefallen.

Genau, so ist das!

Ein Rechtsstreit ist rechtshängig, wenn die Klage erhoben wurde, also wenn dem Beklagten die Klageschrift zugestellt wurde (§§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO). Der Wegfall des Klageanlasses infolge der Zahlung durch B erfolgte, nachdem die Klage dem B zugestellt wurde. Mithin ist der Klageanlass nach Rechtshängigkeit weggefallen.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Kann K seine Klage zurücknehmen (§ 269 Abs. 1 ZPO)?

Ja, in der Tat!

Grundsätzlich setzt die Klagerücknahme eine Klage, d.h. Rechtshängigkeit voraus. Die h.M. erlaubt darüber hinaus die Klagerücknahme schon zwischen Anhängigkeit und Zustellung der Klage (also vor Rechtshängigkeit). Der Klageanlass ist erst nach Rechtshängigkeit weggefallen und die Klagerücknahme somit zulässig. Da noch keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, bedarf es auch keiner Einwilligung des Beklagten (§ 269 Abs. 1 ZPO).

3. Wenn K die Klage nach Rechtshängigkeit zurücknimmt, ist er grundsätzlich zur Kostentragung verpflichtet (§ 269 Abs. 3 S. 2 ZPO).

Ja!

Nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO ist der Kläger verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, wenn er die Klage nach Rechtshängigkeit zurücknimmt. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO gilt nur für den Fall des Wegfalls des Klageanlasses vor Rechtshängigkeit. Wenn K seine Klage hier zurücknimmt, dann müsste er die Kosten des Rechtsstreits tragen.

4. K will dieser Kostentragungspflicht nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO entgehen. Hat er die Möglichkeit, seine Klage in eine Feststellungsklage umzustellen, gerichtet auf Kostentragung des B aus Verzug?

Nein, das ist nicht der Fall!

Bei Wegfall des Klageanlasses nach Rechtshängigkeit hat der Kläger keine Wahl zwischen Klagerücknahme und Umstellung der zuvor erhobenen Klage in eine Feststellungsklage auf Kostenübernahme wegen Verzugs.. Eine solche Wahl besteht nur bei Wegfall des Klageanlasses vor Rechtshängigkeit. K kann seine Klage nicht in eine Feststellungsklage gerichtet auf Feststellung, dass B verpflichtet ist, die Kosten des Rechtsstreits aufgrund seines Verzuges zu tragen, umstellen. K hatjedoch die Möglichkeit, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären, um so einer Kostentragungslast zu entgehen. Dazu in der nächsten Einheit mehr.
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DEN

Dennis

22.1.2024, 11:15:14

Warum besteht die Wahlmöglichkeit nur bei Wegfall des Klageanlasses vor Rechtshängigkeit? Vielleicht könntet ihr die Begründung dafür noch hinzufügen!

Juriano

Juriano

10.5.2024, 15:46:26

Spontan würde ich sagen, dass die Klage mit dem konkreten Antrag unzulässig ist wegen einem fehlenden

Feststellungsinteresse

. Denn er kann nunmehr den Rechtsstreit für erledigt erklären.

sy

sy

6.10.2024, 00:29:22

ich finde es auch nicht ausreichend, bloße deklaratorische Formulierungen zu verwenden, wenn es gerade um kleinste Veränderungen und Feinheiten geht, die einem im Assessorexamen wirklich vieles verhauen können.

vulpes iuris

vulpes iuris

30.11.2024, 23:53:01

Schließe mich an und würde mich über eine Rückmeldung des Teams freuen.

Sustainable Finance

Sustainable Finance

26.1.2025, 08:19:49

Die Frage möchte ich auch nochmal hochholen und um nähere Erläuterung bitten.

ODI

Odin

3.2.2025, 20:53:02

Push. Hier wäre eine Rückmeldung echt schön.

REBECC

Rebecca

19.2.2025, 13:04:06

Schließe mich an!

glaenzejenseitsvonnullundachtzehn

glaenzejenseitsvonnullundachtzehn

27.2.2025, 20:02:54

.. dieselbe Frage stelle ich mir auch

AM

Anony Mous

7.3.2025, 12:00:51

Push push push!

BABA

babakd

7.3.2025, 18:16:05

Ich hätte jetzt gedacht, dass nach Rechtshängigkeit die Möglichkeit der einseitigen Erledigungserklärung besteht. Das Gericht könnte mEn den ursprünglichen Antrag in einen Antrag auf die

Feststellung

der Erledigung "umstellen". Die Kostengrundentscheidung ergäbe sich dann über § 91a ZPO. Bitte korrigieren, falls ich falsch liege.

Katzenkönisch

Katzenkönisch

21.4.2025, 13:31:43

push !

FEK

Felix Kruse

29.4.2025, 16:46:50

+1 :)

JO

jomolino

3.5.2025, 11:49:08

Ist nicht auch eine Erledigung eine Umstellung zu

Feststellungsklage

? Irgendwie stehe ich hier auf dem schlau. Zudem sind in dieser Aufgabe einige Rechtschreibfehler @[Jurafuchs](137809)

JO

jomolino

3.5.2025, 12:05:27

eine Erledigungseklärung ist ja unterm strich nichts anderes als eine Umstellung auf eine

Feststellungsklage

. wieso geht das denn?

PK

P K

3.5.2025, 19:32:25

Ich kann mir das nur so erklären, dass die Erledigungserklärung, wenn sie einseitig bleibt, lediglich wie eine (stets privilegierte) Klageänderung behandelt wird, aber im Kern eben doch keine Klageänderung ist. Denn nach § 91a ZPO kann sich der Beklagte der Erledigungserklärung anschließen und es wird summarisch über die Kosten entschieden. Ließe man eine

Feststellungsklage

, gerichtet auf das Kosteninteresse zu, würde man die Wertung des § 91a ZPO im Ergebnis unterlaufen. Der § 91a ZPO sagt: Wegen den Kosten des Rechtsstreits wollen wir eigentlich keine Beweisaufnahme machen. Wenn sich der Beklagte nicht anschließt, braucht es aber irgendeine Möglichkeit für den Kläger, seine Kostenlast abzuwenden. Dass man dann dennoch ggf. eine Beweisaufnahme machen muss, ist dem Umstand ge

schuld

et, dass es unbillig wäre, dem Kläger eine Möglichkeit gänzlich zu entziehen. Eine

summarische Prüfung

wird hingegen für grds. ausreichend erachtet. Es gibt nur wenige Konstellationen, in denen die Rechtsprechung eine

Feststellungsklage

gerichtet auf das Kosteninteresse für zulässig erachtet (ein Beispiel: Pflichtteilsberechtigter nimmt den Erben auf Auskunftserteilung im Wege der

Stufenklage

in Anspruch und die Auskunft ergibt, dass der Nachlass über

schuld

et ist --> hier hilft die Erledigung nur bedingt, da ein Zahlungsanspruch (3. Stufe) von vornherein nicht bestand). Völlig unstreitig ist diese Beschränkung aber nicht, denn im Ergebnis kann der Kläger einen Zweitprozess anstrengen und in diesem dann die Kosten des Rechtsstreits geltend machen. Der Prozessökonomie ist damit nicht Genüge getan, weil sich mglw. ein neuer Richter neu reindenken (und ggf. Beweis erheben) muss.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community