+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Wegen erneuter Pöbelei auf dem Hauptplatz erlässt die Polizei gegen Radaubruder R einen schriftlichen Platzverweis für die Dauer einer Woche. Polizist P wirft das Briefkuvert mit dem Platzverweis in den Briefkasten des R ein.
Einordnung des Falls
Bekanntgabe durch Einwurf eines schriftlich verfassten VA in den Briefkasten
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Platzverweis ist ein Verwaltungsakt. Er bedarf deshalb für seine Wirksamkeit der Bekanntgabe. Die Bekanntgabe als solche ist zu unterscheiden von der Ordnungsgemäßheit der Bekanntgabe.
Genau, so ist das!
Die Bekanntgabe als solche bzw. Bekanntgabe im Rechtssinne ist Wirksamkeitsvoraussetzung des Verwaltungsakts (§ 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG). Fehlt sie, liegt kein Verwaltungsakt vor. Davon zu unterscheiden ist die Ordnungsgemäßheit bzw. Form der Bekanntgabe. Sie richtet sich nach § 41 VwVfG und Spezialvorschriften. War die Bekanntgabe nicht ordnungsgemäß, hat dies nach h.M. grundsätzlich nicht die Unwirksamkeit zur Folge. Fehler bei der Form der Bekanntgabe können geheilt werden oder unbeachtlich sein. Der Zeitpunkt der Bekanntgabe ist maßgeblich für die Berechnung der Widerspruchs-/Klagefrist (§§ 70 Abs. 1, 74 Abs. 1 S. 2 VwGO).
2. Der Platzverweis wurde dem R ordnungsgemäß bekanntgegeben.
Ja, in der Tat!
Nach § 41 Abs. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird.Für einen schriftlichen Platzverweis (= schriftlicher Verwaltungsakt) ist keine besondere Form der Bekanntgabe vorgeschrieben (Umkehrschluss aus § 41 Abs. 2 S. 1 VwVfG). Ist keine besondere Form der Bekanntgabe vorgeschrieben, darf sie in jeder geeigneten Form erfolgen. Die Bekanntgabe darf damit durch Einwerfen des schriftlichen Verwaltungsakts in den Briefkasten desjenigen erfolgen, für den er bestimmt ist. Der Platzverweis wurde R ordnungsgemäß bekanntgegeben.