Zivilrecht

Schuldrecht Allgemeiner Teil

Gläubiger- / Schuldnerwechsel

§ 399 Alt. 2 BGB + verlängerter Eigentumsvorbehalt

§ 399 Alt. 2 BGB + verlängerter Eigentumsvorbehalt

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Textilhändlerin T bezieht von Lieferant L Kleidungsstücke, die dieser unter verlängertem Eigentumsvorbehalt liefert. Die Kleidungsstücke veräußert T weiter an Kaufhausinhaberin K. T und K haben vereinbart, dass die Kaufpreisforderungen nicht abgetreten werden dürfen.

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Einordnung des Falls

§ 399 Alt. 2 BGB + verlängerter Eigentumsvorbehalt

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Es liegt eine wirksame Abtretungsvereinbarung zwischen T und L vor.

Ja!

Ein verlängerter Eigentumsvorbehalt enthält regelmäßig vier Vereinbarungen: (1) einfacher Eigentumsvorbehalt zwischen Verkäufer und Käufer (§§ 929 S.1, 158 Abs.1 BGB), (2) Weiterveräußerungsermächtigung des Vorbehaltskäufers (§ 185 Abs.1 BGB), sodass dieser über die Vorbehaltsware verfügen darf, (3) Vorausabtretung der Forderungen aus der Weiterveräußerung (§ 398 BGB), (4) Einzugsermächtigung des Vorbehaltskäufers (analog § 185 Abs.1 BGB). T und L haben eine Lieferung unter verlängertem Eigentumsvorbehalt und damit die Vorausabtretung aller Kaufpreisforderungen aus dem Weiterverkauf der Kleidungsstücke von T an L vereinbart(§ 398 BGB). Die Forderungen sind zudem hinreichend bestimmbar.
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2. Eine Abtretung einer Forderung ist grundsätzlich ausgeschlossen, sofern Zedent und Schuldner ein Abtretungsverbot (§ 399 Alt.2 BGB) vereinbart haben.

Genau, so ist das!

Eine wirksame Abtretung setzt voraus: (1) wirksame Einigung zwischen Altgläubiger (Zedent) und Neugläubiger (Zessionar) (Abtretungsvertrag), (2) Bestand einer Forderung, (3) Forderungsinhaberschaft des Zedenten, (4) Abtretbarkeit der Forderung. Sofern zwischen Zedenten und Schuldner ein Abtretungsverbot nach § 399 Alt.2 BGB vereinbart wurde, ist die Übertragbarkeit der Forderung generell ausgeschlossen (Ausnahme: § 354a Abs.1 HGB). Die Vereinbarung, die Abtretung vom Eintritt bestimmter Bedingungen oder der Zustimmung des Schuldners abhängig zu machen, ist einem Abtretungsverbot nach § 399 Alt.2 BGB gleichzustellen.

3. Das vertragliche Abtretungsverbot ist aufgrund der Kollision mit dem verlängerten Eigentumsvorbehalt vorliegend sittenwidrig (§ 138 Abs.1 BGB) und nichtig.

Nein, das trifft nicht zu!

Es ist problematisch, dass Zwischenhändler ihre Waren meist nur unter Vereinbarung verlängerten Eigentumsvorbehalts beziehen können. Sofern nun der Kunde des Händlers mit diesem einen Abtretungsausschluss vereinbart, kann der Händler der Verpflichtung zur Abtretung der Kaufpreisforderungen aus den Weiterverkäufen an seinen Lieferanten nicht nachkommen. Dadurch wird er verleitet, Lieferanten ein vereinbartes Abtretungsverbot zu verheimlichen. Dies ist aber regelmäßig nicht als sittenwidrige Verleitung zum Vertragsbruch einzuordnen, wenn der Kunde bezweckt, nur einer überschaubaren Gläubigeranzahl gegenüberzustehen. Der verlängerte Eigentumsvorbehalt geht bei Kollision mit Abtretungsverbot grundsätzlich ins Leere, sofern nicht § 354a Abs.1 HGB greift.

4. L ist hier trotz vertraglichen Abtretungsausschlusses (§ 399 Alt.2 BGB) Inhaber der Forderung aus der Weiterveräußerung geworden.

Ja!

Durch wirksame Abtretung geht die Forderung auf den Zessionar über (§ 398 S.2 BGB). Grundsätzlich ist die Abtretung durch Vorliegen eines vertraglichen Abtretungsverbots nach § 399 Alt.2 BGB ausgeschlossen. Eine Ausnahme ist in § 354a Abs.1 HGB geregelt. Danach ist die Abtretung trotz Ausschlusses wirksam, wenn das Rechtsgeschäft, das die Forderung begründet hat, für beide Teile ein Handelsgeschäft (§ 343 Abs. 1 HGB) ist. Da T und K Kaufleute sind, liegt ein beiderseitiges Handelsgeschäft vor, sodass die Abtretung wirksam ist. L ist Inhaber der Forderung. Die Ausnahmeregelung ermöglicht, einen verlängerten Eigentumsvorbehalt mit dem Lieferanten vereinbaren zu können, ohne dass die Gefahr des Vertragsbruchs besteht.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Blackpanther

Blackpanther

4.8.2023, 18:57:27

Was, wenn

§ 354a HGB

nicht einschlägig wäre? Eine Abtretung an den Lieferanten würde gem. § 399 Alt. 2 BGB scheitern und die Vorbehaltskäuferin würde sich vertragsbrüchig verhalten.

DAV

David.

5.8.2023, 14:07:43

Genau, dies hätte zur Folge, dass der Lieferant nicht Inhaber der Forderung werden würde. Durch die Vereinbarung des

Abtretungsverbot

s würde der Erstkäufer eine Pflicht aus dem Kaufvertrag mit dem Vorbehaltsverkäufer verletzen und sich damit schadensersatzpflichtig machen. Der Vorbehaltsverkäufer wird wiederum die Ermächtigung zur Weiterveräußerung regelmäßig nur für den Fall erteilen, dass die Forderung aus der Weiterveräußerung abtretbar ist. Im Zweifel kann man das im Wege der Auslegung annehmen. Das hätte dann zur Folge, dass der Vorbehaltskäufer als Nichtberechtigter weiterveräußern würde. Für den Vorbehaltsverkäufer würde das die Gefahr bedeuten, dass er sein Eigentum durch gutgläubigen Erwerb des Zweitkäufers verlieren könnte. Bezüglich eines gutgläubigen Erwerbs bestünde im Handelsverkehr grds. eine Erkundigungspflicht, hier stellt sich das Problem jedoch schon wegen

§ 354a HGB

nicht. Bei einem privaten Abnehmer besteht eine Erkundigungspflicht regelmäßig nicht, im Einzelfall kann natürlich aber auch etwas anderes anzunehmen sein.


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